Das Ausmass der Verluste sei beunruhigend, zumal die Welt bereits mit einer Reihe weiterer Wasserversorgungsprobleme konfrontiert sei, teilte die Universität der Vereinten Nationen am Mittwoch mit. Der geschätzte Verlust gegenüber der ursprünglichen Kapazität summiere sich bei den rund 50'000 berücksichtigten Anlagen auf 1'65 Billionen Kubikmeter, was in etwa dem jährlichen Wasserverbrauch von Indien, China, Indonesien, Frankreich und Kanada zusammen entspreche.
Staudämme schränken den natürlichen Sedimenttransport der Flüsse ein. Durch die abgelagerten Sedimente verlanden viele Stauseen nach und nach, zudem drohen flussaufwärts verstärkt Überschwemmungen sowie flussabwärts verstärkt Erosion. Der Eintrag in die Speicherbecken sei zu einer der bedeutendsten Herausforderungen für die weltweite Wasserspeicher-Infrastruktur geworden, berichtet das Team um Duminda Perera vom Institut für Wasser, Umwelt und Gesundheit der United Nations University (Unu) in Hamilton (Kanada).
«Der Rückgang der verfügbaren Speicherkapazität bis 2050 in allen Ländern und Regionen wird viele Aspekte der Volkswirtschaften in Frage stellen, darunter die Bewässerung, die Stromerzeugung und die Wasserversorgung», wurde Perera in der Mitteilung zitiert.
«Die neuen Dämme, die derzeit gebaut werden oder geplant sind, werden die durch Sedimentation verursachten Speicherverluste nicht ausgleichen.» Ein schleichendes globales Wasserproblem mit möglicherweise erheblichen Auswirkungen drohe.
Der im Fachjournal «Sustainability» vorgestellten Studie zufolge liegt die Schweiz auf Platz 8 der 42 betrachteten europäischen Länder. Stauseen hierzulande haben demnach bereits rund 23 Prozent ihres ursprünglichen Fassungsvermögens verloren. Bis 2050 können der Verlust auf fast 33 Prozent steigen.
In Irland liegt der Schwund durch eingelagertes Sediment der Analyse zufolge schon jetzt bei fast 30 Prozent, im Jahr 2050 könnten es fast 40 Prozent sein. In Dänemark hingegen betrage der Speicherverlust gegenwärtig rund 10 Prozent, bis 2050 rund 20 Prozent.
Grossbritannien, Panama, Irland, Japan und die Seychellen verzeichnen den Forschenden um Perera zufolge bis 2050 weltweit die höchsten Verluste bei der Wasserspeicherung: zwischen 35 und 50 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität. Staubecken in Ländern wie Bhutan, Kambodscha, Mongolei, Äthiopien, Guinea und Niger hingegen seien vorerst kaum betroffen, weil die Dämme dort meist noch relativ jung seien. Japans Dämme zum Beispiel seien im Mittel mehr als 100 Jahre alt, die der Mongolei durchschnittlich zwölf Jahre.
Die Forscherinnen und Forscher hatten aus Schätzungen der Verlandungsraten den wahrscheinlichen Verlust an Speicherkapazität für mehr als 47'400 grosse Staubecken in 150 Ländern für die Jahre 2022, 2030 und 2050 errechnet. Die ursprüngliche globale Speicherkapazität von rund 6300 Milliarden Kubikmeter der berücksichtigten Bauwerke wird demnach bis 2050 auf geschätzt etwa 4670 Milliarden Kubikmeter sinken.
Zu den möglichen Massnahmen dagegen zählen die Uno-Forschenden sogenannte Bypässe. Das sind separate Kanäle, über die vor allem bei Hochwasserereignissen - bei denen es oft zu besonders hohem Sedimenteintrag kommt - Wasser direkt flussabwärts geleitet wird. Bei optimalem Betrieb könnten Bypass-Tunnel die Sedimentation um bis zu 90 Prozent reduzieren, wie frühere Studien gezeigt hätten.
Eine Alternative sei das Erhöhen des Damms, um den Speicherverlust auszugleichen, erläutern die Wissenschaftler. Allerdings werde dadurch die Fläche des Stausees vergrössert, was Folgen für angrenzende Lebensräume haben könne. Möglich seien auch kostspielige Ausbaggerungen oder Sedimentspülungen, die aber erhebliche negative Auswirkungen auf flussabwärts gelegene Gebiete haben könnten.
(Quelle: sda)
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