Mit dem «Konzept für Gaskraftwerke zur Abdeckung von Spitzenlasten» hatte die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) empfohlen, bis 2025 zwei bis drei Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von bis zu 1000 Megawatt zur Ergänzung der Wasserkraftreserve zu bauen. Aufgrund der drohenden Energiemangellage im kommenden Winter hat das UVEK seither intensiv geprüft, ob solche Reservekraftwerke bereits für den kommenden Spätwinter (Februar/März) zum Einsatz kommen könnten. Diese würden nur in Ausnahmesituationen und in Koordination mit der Wasserkraftreserve eingesetzt, wenn der Strommarkt vorübergehend nicht in der Lage ist, die Nachfrage zu decken.
Das UVEK hat dazu umfangreiche Abklärungen mit den Kantonen und einer Vielzahl von Betreibern getroffen. Vorgabe war, dass solche Anlagen aufgrund der unsicheren Gasversorgungslage möglichst auch mit Öl (Dual-Fuel Anlagen) funktionieren sollen. Ein Vorteil dieser Reservekraftwerke ist, dass sie – im Gegensatz zur Wasserkraftreserve – zusätzliche Energie ins System bringen und damit auch die Kosten und Risiken der Wasserkraftreserve senken.
Die Abklärungen des UVEK haben ergeben, dass ein Potenzial von insgesamt über 300 MW Leistung für den Einsatz im Spätwinter zur Verfügung stünde. Diese Leistung entspricht rund 80% des abgeschalteten KKW Mühleberg (375 MW). Der Bundesrat hat beschlossen, dass das UVEK und das WBF mit den entsprechenden Anbietern Vertragsverhandlungen führen können. Zur Finanzierung werden die erforderlichen Nachtrags- und Verpflichtungskredite beantragt.
Die Regelungen für die Reservekraftwerke erfolgen vorerst per Verordnung (gestützt auf Artikel 9 des Stromversorgungsgesetzes und Artikel 5 Absatz 4 des Landesversorgungsgesetzes). Die Verordnung soll spätestens Mitte Februar 2023 in Kraft treten und später von einer Regelung im Gesetz abgelöst werden. Sie regelt den Bereitschaftsbetrieb, die Entschädigung für die Betreiber, die Zuständigkeiten und den Abruf im Bedarfsfall. Beispielsweise ist zu klären, wann welche Reserve (Wasserkraftreserve oder Reservekraftwerke) abgerufen wird.
In der Schweiz gibt es rund 300 Notstromaggregate mit einer Gesamtleistung von rund 280 MW, die von Swissgrid für Systemdienstleistungen einsetzt werden. Der Bund prüft, ob sie als Reservekraftwerke genutzt werden könnten. Dies ist komplex: Die Eigentümer müssten der Nutzung als Reservekraftwerke zustimmen, auch sind noch Fragen zur Logistik zu klären (Abruf, Brennstoffbeschaffung, Vergütung). Diese Arbeiten werden nun weiter vertieft.
Für den Betrieb der Reservekraftwerke und allenfalls Notstromaggregate sollen die Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung und allenfalls der Lärmschutzverordnung zwischen Februar 2023 und Mai 2023 temporär aufgehoben werden. Dies ist nötig, falls diese Anlagen im Falle einer kritischen Stromsituation länger als 50 Stunden pro Jahr laufen sollten. Abklärungen zur Anpassung dieser Verordnungen laufen. Mit einer Änderung der CO2-Verordnung soll zudem sichergestellt werden, dass die Reservekraftwerke dem Emissionshandelssystem unterstellt sind.
Engpässe im Übertragungsnetz können durch die Erhöhung der Betriebsspannung von wichtigen Übertragungsleitungen entschärft werden. Der Bundesrat hat das UVEK in Zusammenarbeit mit dem WBF beauftragt, bis Ende September 2022 einen Antrag zur Erhöhung der Spannung von 220 kV auf 380 kV der beiden Übertragungsleitungen Bickigen-Chippis (Gemmileitung) sowie Bassecourt-Mühleberg im Falle einer unmittelbar drohenden Mangellage während Januar bis April 2023 sowie für einen Testbetrieb der Gemmileitung im Dezember 2022 vorzulegen.
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