Auch wenn’s stinkt: Kot und Urin von Kühen im Stall sind wertvolle Rohstoffe. Landwirte nutzen sie gerne als Hofdünger auf ihren Feldern. Doch das kann eine Reihe von Problemen verursachen. Vielerorts gelangen dabei zu viel Nährstoffe in Luft und Gewässer, überdüngen Lebensräume und gefährden so die Biodiversität. In manchen Regionen, etwa der Ostschweiz, wird zudem viel mehr Mist produziert als es Felder gibt. Er wird sogar exportiert. «Aber kaum etwas davon wird energetisch genutzt», sagt Vanessa Burg von der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.
Energie und Schutz fürs Klima
Derzeit kommen auf 40'000 Landwirte in der Schweiz nur 110 Hofdünger-Vergärungsanlagen, die insgesamt 1440 Terajoule Energie in Form von Methangas bereitstellen. Das entspricht etwa 1,2 Prozent des landesweiten Gasverbrauchs. Das Potenzial ist noch extrem gross, so das Fazit der Autorinnen und Autoren. Nachhaltig möglich wären 27'000 Terajoule. Hierbei ist bereits berücksichtigt, dass nicht sämtlicher Mist vergärt werden kann, etwa wenn die Kühe auf der Weide stehen.
«Biogas ist sehr vielseitig», sagt Burg, die an der WSL nachhaltige Bioenergiequellen erforscht. «Damit kann man nicht nur Autos oder Traktoren fahren, sondern auch Wärme und Strom gewinnen; das Gas lässt sich zudem speichern und dann verwenden, wenn Wind und Sonne fehlen, etwa nachts und im Winter.»
Zu wenig Anreize
Ein wahres Wundermittel, so scheint es. Warum wird dann nicht aller Mist und sämtliche Gülle der Schweiz vergoren? Ökonomische Hürden stehen im Vordergrund. Ein Problem ist, dass die Quellen schweizweit sehr dezentral verteilt sind und deshalb Transporte anfallen: Am meisten Hofdünger gibt es im Mittelland in den Kantonen Bern, Luzern und St. Gallen. Eine Umfrage unter Landwirten ergab, dass viele der Energiegewinnung aus Hofdünger zwar positiv gegenüberstehen. Hürden sind indes die hohen Anfangsinvestitionen, die zu tiefen Energiepreise und die komplizierte Logistik, um eine Anlage zu betreiben. Die kleinsten Anlagen benötigen heute den Hofdünger von etwa 80 Kühen, während der durchschnittliche Hof nur 27 Kühe besitzt. Gemeinsame Anlagen lehnen die Landwirte aber eher ab.
Sehr langwierig seien oft auch die Bewilligungsverfahren, berichteten die Befragten. Weiter sind Subventionen und Preiszuschläge wie die bisherige Einspeisevergütung oft nur auf Strom und nicht auf die Gasproduktion ausgerichtet. «Bei Diskussionen zur Energiewende geht das Gas oft vergessen», sagt Vanessa Burg. «Man sollte alternative Gasquellen ebenso fördern».
Das Projekt Biosweet wurde in der Hauptsache von der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse finanziert (der früheren KTI).
Biogas aus Hofdünger in der Schweiz. Energiepotenzial, Technologieentwicklung und Ressourcenmobilisierung.
Ziel dieses Whitepapers ist es, Entscheidungsträgern, Verwaltungen und Stakeholdern die aktuellsten Forschungsergebnisse zur Verfügung zu stellen, um die optimale Nutzung von Bioenergie aus Hofdünger in der Schweizer Energiewende zu fördern. Zu diesem Zweck werden die Ergebnisse des Schweizer Kompetenzzentrums für Bioenergieforschung – SCCER BIOSWEET – zusammengefasst und in einem breiteren Kontext dargestellt. Wenn nichts anderes erwähnt wird, beziehen sich die Ergebnisse auf die Schweiz und im Falle der Ressourcen auf die heimischen Biomassepotenziale.
Links:
Das Schweizer Kompetenzzentrum für Bioenergie-Forschung (SCCER BIOSWEET) ist ein Konsortium aus akademischen, privaten und öffentlichen Partnern. Der Schwerpunkt der Forschung liegt auf Biomasse Umwandlungsprozessen die bereits weit entwickelt sind und kurz vor der Markteinführung stehen. https://www.sccer-biosweet.ch/de/
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