"Wir haben keine Zeit zu verlieren", sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga am Freitag vor den Medien in Bern. Nach dem gescheiterten Stromabkommen mit der EU müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien zügig vorankommen. Der Bundesrat hat zu diesem Zweck die Botschaft zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien zuhanden des Parlaments verabschiedet. Sie beinhaltet eine Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes.
Kurz gesagt will der Bundesrat, dass mehr sauberer Strom in der Schweiz produziert wird. "Wir haben grosses Potenzial, insbesondere bei der Solarenergie", sagte Sommaruga. Künftig müssten noch viel mehr Gewerbedächer und freie Flächen mit Solarpanels bedeckt werden.
Mit der Revision des Energiegesetzes (EnG) schlägt der Bundesrat deshalb vor, die inländischen Fördermassnahmen für erneuerbare Energien zu verlängern und sie "marktnäher" auszugestalten. Zahlreiche Vorschläge waren in der Vernehmlassung begrüsst worden. Hingegen hatten verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer betont, dass das EnG und das Stromversorgungsgesetzes (StromVG) zusammengehörten und gleichzeitig zuhanden des Parlaments verabschiedet werden sollten. Diesem Wunsch kam der Bundesrat nun nach.
Das birgt nun aber neue Gefahren. Nach dem überraschenden Nein zum CO2-Gesetz vom vergangenen Sonntag dürfte es für den Bundesrat und das Parlament wichtiger denn je sein, eine Vorlage zu zimmern, die auch vor dem Volk bestehen könnte. Je komplexer die Vorlage ist, desto schwieriger wird dieses Unterfangen.
Die ersten Reaktionen von linker Seite zeigen, dass die Förderung der erneuerbaren Energien zwar begrüsst wird, die in der Vorlage ebenfalls vorgesehene Liberalisierung des Strommarkts aber auf breite Ablehnung stösst. Ein überladenes Projekt habe vor dem Volk keine Chance, kritisierten SP und Gewerkschaften.
Sommaruga gab bei der Präsentation der Botschaft zu, dass die Vorlage "sehr umfangreich" sei und verschiedene Bereiche abdecke. Sie sei aber "kohärent". Das Parlament müsse nun entscheiden, wie weiter vorgegangen werden solle. Der Nationalrat fällte diese Woche bereits einen ersten Entscheid. Er beschloss eine Übergangslösung, wonach neue Windenergie-, Kleinwasserkraft-, Biogas-, Geothermie- und Fotovoltaikanlagen ab 2023 mit einmaligen Investitionsbeiträgen gefördert werden sollen. Die grosse Kammer möchte damit verhindern, dass eine Lücke bei den Förderinstrumenten entsteht.
Nun ist der Ständerat am Zug. Sommaruga betonte, dass die kleine Kammer nun aus dem Vollen schöpfen könne, weil nun alle Vorschläge, auch jener des Bundesrats, auf dem Tisch stünden. "Der Ständerat muss eine komplexe Aufgabe bewältigen, zusammen mit dem Bundesrat." Den Auftrag zur Energiewende hatte die Schweizer Stimmbevölkerung der Politik im Jahr 2017 erteilt. Sie entschied damals, mit der Energiestrategie 2050 den Ausbau der erneuerbaren Energien zu stärken.
Laut dem Bundesrat reicht der Ausbau alleine aber nicht, um die Stromversorgung kurz-, mittel- und langfristig sicherstellen zu können. "Wir müssen auch viel weniger Energie verschwenden", sagte Sommaruga. Elektroheizungen verbrauchten heute pro Jahr fast so viel Strom wie das abgestellte AKW Mühleberg produziert habe.
Der durchschnittliche Energieverbrauch pro Kopf soll deshalb bis 2035 gegenüber dem Jahr 2000 um 43 Prozent sinken. Bis 2050 soll er um 53 Prozent zurückgehen. Der durchschnittliche Elektrizitätsverbrauch soll im Vergleich zum Jahr 2000 bis 2035 um 13 Prozent sinken, zwischen 2035 und 2050 jedoch nur noch um 5 Prozent.
Der Bundesrat hält in der Botschaft an weiteren wesentlichen Inhalten der Vernehmlassungsvorlage fest. Dazu gehört auch die Beibehaltung des Deckels für den Netzzuschlag von 2,3 Rappen pro Kilowattstunden für die Förderung der erneuerbaren Energien.
Zur Sicherstellung der Stromversorgung schlägt der Bundesrat zudem bis 2040 den Zubau von 2 Terawattstunden klimaneutraler Stromproduktion vor, die im Winter sicher abrufbar ist. Solche Anlagen, prioritär grosse Speicherkraftwerke, sollen mit einem "Winterzuschlag" finanziert werden. Bei den Stromkonsumentinnen und -konsumenten sollen dafür maximal 0,2 Rappen pro Kilowattstunde erhoben werden.
Zudem soll eine strategische Energiereserve etabliert werden. Sie soll zusätzlich zu den Mechanismen im Strommarkt dafür sorgen, dass auch gegen Ende des Winters genügend Energie verfügbar ist.
Quelle: sda
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