Eine Mobilität ohne fossile Treibstoffe – auch im Flugverkehr: Zu diesem Ziel will die neue gemeinsame Initiative «SynFuels» von Empa und PSI einen wichtigen Beitrag leisten. In den kommenden drei Jahren werden die beiden Schweizer Forschungsinstitute zusammen nach geeigneten Wegen suchen, um Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) zu längerkettigen Molekülen zu verknüpfen und so synthetische Treibstoffe zu produzieren. Dass sich diese Treibstoffe auch für ein Flugzeugtriebwerk eignen, ist ein ehrgeiziges, aber lohnendes Ziel, erklärt Thomas J. Schmidt, Leiter des Forschungsbereichs Energie und Umwelt am PSI: «Flugzeugtreibstoffe sind die Treibstoffe mit der höchsten Qualität. Wenn wir es schaffen, sie aus erneuerbaren Ressourcen herzustellen, dann können wir auch alle anderen Kraftstoffe synthetisieren.»
An Kerosin – fossil oder synthetisch hergestellt – führt im Flugverkehr auf absehbare Zeit kein Weg vorbei. Kerosin ist ein Gemisch aus Kohlenwasserstoffen mit sehr genau spezifizierten chemischen und physikalischen Eigenschaften, die für die Ökonomie und Sicherheit des Flugbetriebes unbedingt einzuhalten sind. Ein synthetischer Treibstoff muss selbstverständlich dieselben Eigenschaften aufweisen. «Ein Syntheseprozess, der solche Treibstoffe aus erneuerbaren Ressourcen herstellt, ist daher sehr gefragt», sagt Brigitte Buchmann, Leiterin des Departements «Mobilität, Energie und Umwelt» an der Empa. Der ETH-Rat finanziert das «SynFuels»-Programm mit 6,2 Millionen Schweizer Franken über die nächsten drei Jahre.
Ausgangsstoffe für den zu entwickelnden Herstellungsprozess sind Kohlendioxid und Wasserstoff – chemisch gesprochen: CO2 und H2. Das CO2 kommt dabei aus verschiedenen Quellen, etwa aus Biomasse, direkt aus der Umgebungsluft oder aus industriellen Produktionsprozessen, etwa der Zementherstellung. Der benötigte Wasserstoff wiederum entsteht mithilfe von erneuerbarem Strom aus Wasser.
Die Synthese des flüssigen Treibstoffs erfolgt nicht in einem einzigen Schritt, sondern über ein oder mehrere Zwischenprodukte wie Methan, Kohlenstoffmonoxid, Methanol, Ethylen oder Dimethylether. Im Laufe der Initiative wollen die Forschenden die Vorzüge und Herausforderungen dieser verschiedenen Produktionswege ermitteln. Besonderes Augenmerk legen sie dabei darauf, eine bessere Selektivität bei der Synthese der Zwischen- und Endprodukte zu erreichen. Wichtiger Teil des Projekts sind zudem Analysen dazu, wie hoch der ökologische Fussabdruck der hergestellten Treibstoffe ist, welchen Beitrag diese zur Treibhausgasreduktion in der Schweiz leisten können und wie wirtschaftlich ihre Herstellung ist.
«Die Empa und das PSI ergänzen sich bei der Arbeit an diesen ambitionierten Zielen wunderbar», sagt Thomas J. Schmidt. Das PSI baut vor allem auf seinen Erfahrungen mit der Versuchsplattform ESI auf – kurz für «Energy System Integration». ESI testet erneuerbare Energiealternativen in ihrem komplexen Zusammenspiel. «Die Produktion von flüssigen Treibstoffen ist eine natürliche Ergänzung zu dem, was wir am PSI schon länger erforschen: die Synthese von erneuerbarem Methan», erklärt Schmidt. Das Gas mit der chemischen Summenformel CH4 ist der einfachste Kohlenwasserstoff, den man aus Kohlendioxid und Wasserstoff herstellen kann.
Auch die Empa beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der Herstellung von Treibstoffen aus erneuerbarer Energie. Im Mobilitätsdemonstrator «move» entstand etwa die schweizweit erste Wasserstofftankstelle. Ausserdem wird die Anlage zurzeit um ein neues Methanisierungsverfahren erweitert. «Die Kooperation unserer beiden Institutionen erlaubt es uns, mehr Gewicht auf flüssige Kohlenwasserstoffe zu legen», sagt Brigitte Buchmann. «Diese sind für eine Mobilität ohne fossile Treibstoffe unerlässlich – insbesondere in der Luft oder auf dem Wasser.»
Schlüssel zum Erfolg des Projekts sind Katalysatoren – Substanzen, die eine chemische Reaktion antreiben oder überhaupt erst ermöglichen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. An der Empa sowie am PSI werden unterschiedliche Katalysatoren und Verfahren untersucht, die die schrittweise Umwandlung von CO2 und Wasserstoff zu flüssigen Kohlenwasserstoffen auf molekularer Ebene ermöglichen. Dabei kommen die Katalysatoren sowohl in chemischen also auch elektrochemischen Prozessen zum Einsatz.
Ein wichtiges Hilfsmittel im «SynFuels»-Programm wird die Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) am PSI sein, erläutert Thomas J. Schmidt. «Mit Messungen an der SLS werden wir die Katalysatoren und die mit ihnen durchgeführten Reaktionen genau charakterisieren, um herauszufinden, welche die besten Ergebnisse liefern.» Mit der Grossforschungsanlage lassen sich Einblicke in die Reaktionsmechanismen gewinnen und beispielsweise untersuchen, wie sich die Katalysatoren während des Einsatzes verändern und wie die Veränderungen das Produktspektrum beeinflussen.
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