Das Wasser im Dorf Kappelen im Berner Seeland ist massiv mit Pestizidrückständen belastet: Die «Rundschau» von SRF Radio und Fernsehen hat nach eigenen Angaben einen Wert von 2.2 Mikrogramm gemessen. Der Grenzwert für solche Rückstände liegt bei 0.1 Mikrogramm. Das Kappeler Wasser ist also 22 Mal zu stark belastet.
Die «Rundschau» hat die Proben im Januar, also noch vor der Coronakrise, im landwirtschaftlich intensiv genutzten Mittelland erhoben. Getestet wurde Wasser direkt ab Wasserhahn. So, wie es die Konsumenten täglich trinken.
Ein Schweizer Labor hat die Proben auf die zwei häufigsten Abbauprodukte (Sulfonsäure R417888 und Sulfonsäure R471811) des Pestizids Chlorothalonil untersucht. Der Laborbefund: Bei neun von zehn Proben liegen die Rückstände bei mindestens einem Abbauprodukt über dem gesetzlichen Grenzwert.
Neben Kappelen war das Wasser auch in Neuendorf im solothurnischen Gäu und in Hendschiken im Kanton AArgau besonders stark belastet. In beiden Dörfern ist zu viel Sulfonsäure R471811 im Trinkwasser. In Neuendorf elfmal so viel und in Hendschiken rund achtmal so viel wie erlaubt.
«Das ist ein sehr hoher Wert. Der muss runterkommen, aber so schnell werden wir diese Abbauprodukte wohl nicht mehr los», erklärte in der «Rundschau» der Schaffhauser Kantonschemiker Kurt Seiler zum Kappeler Wasser. Er gilt als der beste Kenner der Chlorothalonil-Problematik.
Er betont aber auch: «Es besteht keine Gesundheitsgefährdung. Dieses Wasser kann bedenkenlos getrunken werden.» Trotzdem sei es wichtig, nun dafür zu sorgen, dass so etwas nicht mehr passieren könne. Denn laut Kurt Seiler verlangt das Lebensmittelrecht qualitativ gutes und gesundes Trinkwasser.
Der Stoff Chlorothalonil gilt als «möglicherweise krebserregend». Deshalb hat der Bund das Pestizid auf den 1. Januar 2020 verboten. Syngenta hat beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen das Verbot eingereicht. Laut Syngenta ist Chlorothalonil «weit weniger krebserregend» als zum Beispiel Sonnenlicht, Alkohol oder rotes Fleisch.
Das Verbot des Pestizides sei «nicht nachvollziehbar» und deshalb sei auch der Grenzwert von 0.1 Mikrogramm für die Abbauprodukte im Trinkwasser zu streng. Die im Wasser gemessenen Zerfallsprodukte hätten «keine negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt», so Syngenta.
Die Gemeinden haben nun zwei Jahre lang Zeit, das Problem zu lösen. Damit die gesetzlichen Grenzwerte im Mittelland eingehalten werden können, müssen viele Wasserversorger hohe Investitionen tätigen. In Kappelen baut die Gemeinde eine neue Leitung, um sauberes Wasser aus dem Nachbardorf zu beziehen. Schweizweit dürfte die Sanierung dutzende Millionen Franken kosten.
(Quelle: SRF Schweizer Radio und Fernsehen)
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