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29. April 2020

Umweltverschmutzung

Flohkrebse erhöhen die Schädlichkeit von Schmerzmittel-Rückständen

Der Schmerzmittel-Wirkstoff Diclofenac wird in der Kläranlage kaum abgebaut und reichert sich deshalb in Gewässern an. Dort schädigt er Leber, Nieren und Kiemen von Fischen. Nicht genug: Flohkrebse verwandeln die Substanz sogar in ein noch schlimmeres Gift.

Wie eine kürzlich im Fachmagazin «Environmental Science & Technology» veröffentlichte Studie des Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag zeigt, wandeln Flohkrebse den Arzneiwirkstoff, der zum Beispiel in Medikamenten wie «Voltaren» vorkommt, in Diclofenac-Methyl-Ester um. Dieser Stoff ist nicht nur toxischer als das Ausgangsprodukt: Da er schlecht wasserlöslich ist und daher weniger leicht ausgeschieden wird, reichert er sich in Lebewesen an. «Deshalb halte ich den Stoff für potentiell gefährlicher als Diclofenac», erklärt Juliane Hollender, die Leiterin der Eawag-Abteilung Umweltchemie.

Laut Hollender trat diese Art der chemischen Umwandlung unerwartet auf und sollte auch bei toxikologischen Risikoabschätzungen für andere Substanzen berücksichtigt werden. Denn nach ersten Untersuchungen geschieht diese «Biotransformation» auch in höheren Lebewesen wie Fisch und Mensch.

Umstellung auf vierte Reinigungsstufe

Doch Rettung naht, wie es in der Eawag-Mitteilung heisst: In der Schweiz werden momentan gut hundert Abwasserreinigungsanlagen mit einer vierten Reinigungsstufe ausgerüstet, um Mikroverunreinigungen effektiv zu entfernen. «Nach dieser zusätzlichen Elimination taucht Diclofenac in den Gewässern nicht mehr in erhöhten Konzentrationen auf», versichert Hollender.

Jeden Tag gelangen weltweit mehrere Tonnen an Arzneimittelwirkstoffen in die Gewässer. Diese stammen hauptsächlich aus häuslichem Abwasser, denn die meisten Stoffe werden nach der Einnahme – zum Teil unverändert – wieder ausgeschieden. Da viele Abwasserreinigungsanlagen nicht alle Stoffe rückstandslos zurückhalten, gelangt der Rest in die Gewässer. Auch wenn die Mengen winzig sind, können sie Organismen beeinträchtigen.

Flohkrebse wandeln Wirkstoff um

In der aktuellen Studie gelangten die Umweltchemikerinnen und -chemiker der Eawag mithilfe von zwei häufig vorkommenden Flohkrebsarten zu ihren Schlussfolgerungen. Im Labor setzte die Postdoktorandin Qiuguo Fu diese während 24 Stunden unterschiedlichen Konzentrationen von Diclofenac aus. Die gewählten Konzentrationen waren allerdings um einiges höher als die in der Umwelt gefundenen. Dann untersuchten sie, wie sich der Stoff in deren Körpern verhält. Demnach führt eine enzymatische Reaktion in den kleinen Tierchen dazu, dass sich der Stoff Diclofenac-Methyl-Ester bildet, der akut viel toxischer wirkt als Diclofenac.


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