Ende Oktober 2019 schickte der Bundesrat den Entwurf zum neuen Gasversorgungsgesetz (GasVG) in die Vernehmlassung. Es ist dringend notwendig, dass ein Gesetz die bestehende Rechtsunsicherheit beim Marktzugang beseitigt und klar definiert, wer unter welchen Bedingungen das Gasnetz nutzen kann. Dies ist heute nur rudimentär geregelt. «Es braucht Spielregeln für einen wirksamen, fairen und effizienten Wettbewerb», sagt Daniela Decurtins, Direktorin des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie (VSG). «Auf keinen Fall darf das neue Gesetz die Wettbewerbsfähigkeit des Energieträgers Gas und die Versorgungssicherheit beeinträchtigen.» In diesem Sinn gäbe es im vorliegenden Gesetzesentwurf einiges nachzubessern.
Dabei gelte es, vorgesehene regulatorische Eingriffe zu vermeiden, die zu einem unverhältnismässigen administrativen Mehraufwand führen. So lehnt die Branche eine regulierte Versorgung, wie sie im Gesetzesentwurf für Kunden unterhalb der Marktzugangsschwelle beschrieben ist, strikte ab. Anders als beim Strom existiert beim Gas kein Grundversorgungsauftrag. Zudem steht Gas im Wettbewerb mit anderen Energieträgern. Das bestehende Preisüberwachungsgesetz ist ein griffiges Instrument, um allfällige Missbräuche bei der Preisgestaltung anzugehen. Zu diesem Schluss gelangt auch der Preisüberwacher.
Die Argumente des Bundesrats für eine Teilmarktöffnung überzeugten die grosse Mehrheit der Branche. Eine Teilmarktöffnung ermögliche es den Städten und Gemeinden, in deren Eigentum die Gasversorgungsunternehmen mehrheitlich sind, bei der Ökologisierung der Gasversorgung weiter voranzugehen. Hier seien sie weltweit Pioniere. Verschiedene Städte wiesen schon heute Anteile von bis zu 30 Prozent erneuerbarem Gas im Standardprodukt auf.
Die Gasbranche weist indes die vorgeschlagene Schwelle von 100 MWh Jahresverbrauch, ab denen Kunden ihren Anbieter frei wählen können, entschieden zurück. «Die Einflussmöglichkeit auf die ökologische Qualität eines hohen Anteils des genutzten Gases würde dadurch für Städte und Gemeinden sehr klein», meint Daniela Decurtins. Zudem sei die Analogie zum Strom falsch, mit welcher der Bund den vorgeschlagenen Schwellenwert begründet. Strom- und Gasmarkt unterschieden sich bezüglich Verbrauch, namentlich im Gebäudebereich, substanziell.
Die vorgesehene Grenze im Gasbereich müsste mindestens zehn Mal höher gesetzt werden. Eine Grenze von 1 GWh Jahresverbrauch hätte demgegenüber viel geringere Kosten zur Folge, weil der Aufwand für die Abwicklung, die Wechselprozesse und die dafür notwendigen technischen Einrichtungen eingespart werden können.
Im Schweizer Energieversorgungssystem spielt Gas eine tragende Rolle. Das gilt insbesondere für Industrie und Gewerbe sowie die Gebäude, zunehmend auch in der Mobilität und in der Stromproduktion. Zentral ist Gas und seine Infrastruktur bei der Sicherstellung der Versorgungssicherheit, insbesondere im Winter, wenn die Schweiz noch stärker von Stromimporten abhängig wird; die Stromproduktion mit Gas kann auch dezentral mittels Wärmekraftkopplung erfolgen.
Die Schweizer Gaswirtschaft bekennt sich zum Ziel einer klimaneutralen Energieversorgung bis 2050 und verfolgt eine Dekarbonisierung der Gasversorgung. Sie tut dies zum einen mit der Förderung erneuerbarer Gase aus Biogas oder der Umwandlung von Überschuss aus erneuerbarem Strom, der mittels Power-to-Gas im Winter verfügbar gemacht werden kann. In den letzten Monaten ist zudem weltweit in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein Momentum für Wasserstoff entstanden. Gerade auch Erdgasproduzenten investierten massiv in Technologien zur Abspaltung von Kohlenstoff, um sogenannten blauen Wasserstoff zu erzeugen oder um mittels Elektrolyse aus erneuerbarem Strom sogenannten grünen Wasserstoff herzustellen. «Heute ist Power-to-Gas die einzige verfügbare Technologie, um erneuerbaren Strom saisonal zu speichern», erklärte die VSG-Direktorin abschliessend.
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