Elektroautos werden heute im Rahmen der weltweiten Klimadiskussion als Zukunftsmodell angepriesen. Elektroantriebe können aber nur eine Zwischenlösung sein, bis der wirklich saubere Wasserstoff den reinen Elektroantrieb ablöst. Treibstoffengpässe könnten dann der Vergangenheit angehören.
Die ETH Lausanne (EPFL) hat nun mit dem Spin-off «GRZ Technologies» einen Wasserstoffverdichter entwickelt, der nicht mit Strom, sondern mit (Ab)Wärme betrieben wird. «Damit», so erklärte Professor Andreas Züttel vom EPFL-Materiallabor für erneuerbare Energien in Sitten (VS), «lässt sich praktisch an jedem Standort, sogar auf privaten Garagenplätze und Haushalten, Wasserstoff umweltfreundlich verdichten. Zudem kann mit dieser Technologie in der Schweiz das dichteste Tankstellennetz der Welt realisiert werden. Das Reichweitenproblem ist dann Geschichte - die herkömmliche Tankstelle allerdings auch.»
Serienmässige Wasserstoff-Autos gibt es bereits, die eine Reichweite von etwa 600 Kilometern haben. Ein Pionier ist der Hersteller Hyundai, der beim H2-Speicher mit der ETH Lausanne zusammenarbeitet.
«Wasserstoff wird zudem für die Wärmeerzeugung in Immobilien ein zentrales Thema sein», ergänzte seinerseits Hans-Michael Kellner, CEO der Messer Schweiz AG, «denn Wasserstoff kann heute jeder aus Überschussstrom aller Kraftwerkstypen gewinnen.»
Das Herzstück der Erfindung besteht nun aus dem Metallhydrid ZrMn1.5. Das Material speichert Wasserstoff – und das im Gegensatz zu den bereits bekannten Metallhydrid-Speichern ganz ohne Energiezufuhr. Bei Zufuhr von Wärme gibt das neue Material das Gas wieder ab. Es entströmt dem Metallhydrid mit Hochdruck von bis zu mehreren hundert Bar.
Diese Eigenschaft nutzt derzeit nun die EPFL, um den von Natur aus gasförmigen Wasserstoff zu verdichten und damit zu verflüssigen. Erst in dieser Form lässt sich der potente Energieträger in den Tank eines Fahrzeuges füllen und als Treibstoff nutzen.
An der kommerziellen Umsetzung der Metallhydrid-Technologie arbeiten EPFL und GRZ Technologies mit der international tätigen Messer Group zusammen. «Die Vision ist, dass, wer eine solche Tankstelle zu Hause hat, anderen seinen Wasserstoff anbietet», erklärte Kellner weiter: «So könnte das ungelöste Problem des fehlenden Wasserstoff-Tankstellennetzes gelöst werden, an dem das Wasserstoffauto seit Jahrzehnten scheitert.»
So hat das neue Konzept also viele Vorteile: Bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht kein CO2, sondern lediglich Wasser. Wird das Gas zudem aus Wasser und mit Strom aus erneuerbaren Energien (Elektrolyse) produziert, ist es CO2-frei. Auch gegenüber dem reinen Elektroauto hat das Wasserstofffahrzeug Vorteile, wie der Materialforscher Züttel erläuterte: «Weil Wasserstoff eine höhere Energie aufweist als Batterien, ermöglicht es höhere Reichweiten bei einem deutlich tieferen Fahrzeuggewicht.»
Doch seinem flächendeckenden Einsatz steht trotz neuer EPFL-Technologie eine hohe Hürde im Weg: Damit es für Privathaushalte attraktiv wird, Wasserstofftankstellen bereitzustellen, braucht es eine entsprechende Nachfrage von möglichst vielen Wasserstoffauto-Besitzern. Damit aber der Besitz eines solchen Autos interessant wird, braucht es wiederum genügend Tankstellen.
Gefragt sei nun die Politik, erklärten sowohl Andreas Züttel als auch Hans-Michael Kellner: «Es müssen nun Voraussetzungen geschaffen werden, damit sich die umweltfreundliche Technologie durchsetzen kann.» Die Botschaft an die Politik laute so gewissermassen: «Fördert Wasserstofftankstellen in Privatbesitz.»
(Quelle: SDA)
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Wasserstoff ohne Strom produzieren
Wasserstofftankstellen