Die Trinkwasserqualität ist in den meisten Regionen der Schweiz nach wie vor sehr gut. Doch bei der Untersuchung von schweizweit 296 Trinkwasserproben auf ausgewählte Pestizide und Abbauprodukte, insbesondere die Abbauprodukte von Chlorothalonil, zeigten sich auch beunruhigende Befunde und Entwicklungen: Bei zwei Drittel der Proben konnte mindestens ein Pestizidwirkstoff oder ein Abbauprodukt nachgewiesen werden. Bei rund 4,5% der Proben wurde eine Höchstwertüberschreitung gemäss dem geltenden Lebensmittelrecht (TBDV) nachgewiesen. Die Proben repräsentieren rund 169‘000 Konsumentinnen und Konsumenten. Die betroffenen Versorgungen sind daran, die Konsumentinnen und Konsumenten zu informieren.
Zudem wurden fünf weitere, gesundheitlich nicht relevante Abbauprodukte von Pestiziden in Konzentrationen von über 0,1 Mikrogramm pro Liter festgestellt. Betroffen sind davon rund 386'000 Konsumentinnen und Konsumenten. Für diese Stoffe gibt es keinen gesetzlichen Höchstwert.
Vor allem im Mitteland finden sich Abbauprodukte des Fungizids Chlorothalonil in zu hohen Konzentrationen im Trinkwasser. Aber auch weitere Pestizide wie z.B. Atrazin werden nachgewiesen, die bereits vor mehr als 10 Jahren verboten wurden. Das ist ein deutlicher Warnhinweis, dass dringender Handlungsbedarf im Grund- und damit Trinkwasserschutz besteht.
Die hohen Gehalte von Abbauprodukten von Chlorothalonil im Trinkwasser beschäftigen die Wasserversorger seit Wochen sehr intensiv. Gemäss der Weisung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) wurden mehrere Abbauprodukte des seit den 1970er-Jahren eingesetzten Fungizids «Chlorothalonil» neu als relevant eingestuft. Damit gilt für diese Stoffe ab sofort ein Höchstwert von 0.1 Mikrogramm pro Liter.
Die Befunde des nationalen Screenings auf Pestizide im Trinkwasser zeigen. dass die Umsetzung der bestehenden Vollzugsinstrumente dem gesetzlich verankerten Vorsorgeprinzip nicht zu genügen vermag. Die Leidtragenden sind die Wasserversorger, für die es immer schwieriger wird, den Konsumentinnen und Konsumenten qualitativ einwandfreies Trinkwasser zu liefern.
Die Befunde sind für die Wasserversorger und für den Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfaches (SVGW) sehr beunruhigend. Im Mittelland weist nicht nur das Grundwasser, sondern wie zu erwarten war auch das Trinkwasser in einigen Gemeinden zu hohe Gehalte an Rückständen von Pestiziden und deren Abbauprodukten auf. Ebenso bestätigt auch diese Messkampagne, dass die heutigen Ansätze des Grundwasserschutzes keinen ausreichenden Schutz für das wichtigste Lebensmittel Trinkwasser bieten. Eine deutliche Warnung also.
Die Wasserversorger sind verpflichtet umgehend Lösungen zur Einhaltung der gesetzlichen Höchstwerte zu finden. Nur dank rasch angegangener Massnahmen können die Konsumentinnen und Konsumenten das Trinkwasser auch weiterhin bedenkenlos geniessen. Mögliche «Reparatur»-Massnahmen sind die Ausserbetriebnahme der Fassung, das Mischen von Wasser oder der Bezug des Trinkwassers aus einem Verbund. Da dies in gewissen Regionen nicht so schnell möglich ist, mussten bereits mehrere Fassungen vorübergehend ausser Betrieb genommen werden. Eine Aufbereitung des belasteten Wassers ist bis heute nicht möglich resp. sehr teuer. Dies stellt die Gemeinden und Versorger vor enorme logistische und finanzielle Probleme.
Die Sofortmassnahmen sind zudem teure End-of-Pipe Massnahmen, sie lösen aber das Problem nicht. Es sind daher griffigere Massnahmen zum vorsorglichen Schutz der Trinkwasserfassungen nötig. Dafür setzt sich der SVGW weiter ein.
Um sicherzustellen, dass sich eine Situation wie mit den Chlorothalonil-Abbauprodukten nicht wiederholt, müssen aus Sicht der Wasserversorger u.a. zwei Stossrichtungen verbindlich verfolgt werden:
Der Einsatz von Pestiziden im Zuströmbereich ist so zu regeln und umzusetzen, dass das Grundwasser in den Schutzzonen frei von langlebigen Fremdstoffen ist und dass das Grundwasser weiterhin ohne Aufbereitung als Trinkwasser genutzt werden kann.
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Vorsorge Grundwasserschutz