Die dünnen Chips mit Glashaut sind 12 bis 32 Millimeter lang. Damit kann man Fische ab einer Mindestgrösse von rund zehn Zentimetern "taggen". In der Birs leben 18 Arten, von Bachforellen über Elritzen bis zu Strömern - nicht alle sind körperlich gleich gut geeignet. Für jede Staustufe wollen die projektverantwortlichen die Leit-Arten bestimmen und einbeziehen.
Die Chip-Lebensdauer ist dank Induktionsladung via Antennen theoretisch unbeschränkt. Erfassbar sind sie bis zu einer Distanz von einem Meter. Das Einfangen und Taggen der Fische dürfte ein paar Monate dauern, schätzt der Gewässerökologe und Biologe Armin Peter, aus dessen Büro Fishconsulting das Birs-Monitoring-Konzept stammt.
Das Konzept rechnet mit Gesamtkosten von gut einer halben Million Franken. Es sieht vor, in jedem Stau 600 bis 1000 Fische der lokal wichtigsten Arten in verschiedenen Grössen elektrisch zu fangen und diesen individuell codierte Funkchips, sogenannte «Pit-Tags» schonend unter die Haut oder in die Bauchhöhle zu setzen.
So präpariert werden die Fische unterhalb des Staus freigelassen. Wandern sie durch die sanierten Aufstiegsanlagen wieder hoch, erfassen Antennen ihre Passagen. Die kumulierten Wanderungsdaten kann man in Beziehung setzen zu anderen Faktoren wie Pegel und Temperatur, aber auch zu Aufenthaltsdauer oder Richtungswechsel. Nach Bundesrecht müssen alle Fischaufstiegshilfen von Stauanlagen in Schweizer Fliessgewässern bis spätestens 2030 funktionieren.
Entsprechende Sanierungen sind je nach Bedarf geplant; bezahlt werden sie via Bund aus dem Strompreis. Eine Auflage dafür ist jedoch eine Erfolgskontrolle, ebenfalls zulasten jenes Bundes-Topfs.
An der Birs, die der Bund als potenzielles Lachs-Laichgewässer taxiert, sind im Baselbiet alle Staus derzeit sanierungsbedürftig. Auf Anregung des Kantons haben die Betreiber der acht Baselbieter Birs-Kraftwerke ein Konzept für ein koordiniertes Monitoring bestellt. Das ist unter dem Strich günstiger als einzeln und verspricht mehr Erkenntnisse.
Armin Peter spricht denn auch von einem «Pilotprojekt». Der Bund begrüsse explizit die Koordination, die erwünscht sei: Diese werde an der Birs «sehr schön umgesetzt», lobt die zuständige Sektion Lebensraum Gewässer des Bundesamts für Umwelt (Bafu) insbesondere die Kantonsbehörden. «Das Potenzial ist gross!» Aus Ergebnissen des «modellhaften» Konzeptes könne man für spätere Projekte anderswo Lehren ziehen.
Neu ist am Birs-Monitoring, dass neben dem Fisch-Aufstieg auch der -Abstieg soweit möglich erfasst werden soll. Dazu gibt es bisher erst wenige Daten. Armin Peter verweist auf Pilotanlagen an der Limmat. Die Antennen über den Birs-Staumauern könnten bevorzugte Wege der Fische bei Hochwasser aufzeigen.
Der schnellere und räumlich weitere Abstieg ist technisch weit schwieriger zu erfassen als schmale Aufstiegswege - bei grossen Flüssen wie dem Rhein nahezu unmöglich. Beim Fischabstieg sei generell «der Lernbedarf noch besonders gross», heisst es beim Bafu.
Nebenbei: Während Turbinen für aufsteigende Fische keine Gefahr sind, sieht es beim Abstieg je nach Grösse ganz anders aus. Zur Lösung dieses Problems wird an Ablenk-Rechen geforscht, die Fische vom oberen Turbineneingang schonend fernhalten, ohne den Wasserfluss zu stören.
Interesse am Erfolg haben alle Beteiligten: Behörden von Bund und Kanton, Unternehmen sowie Fischer und Umweltschützer. Die gemeinsame Zusammenarbeit beim Birs-Konzept wertet Armin Peter als «guten Prozess».
Die Industriellen Werke Basel (IWB), deren zwanzigjähriges kleines Kraftwerk Neuewelt in Münchenstein BL auch einen neuen Fischpass bekommt, begrüssen das koordinierte Vorgehen an der Birs ausdrücklich: Das bringe einen Mehrwert für das Gesamt-Gewässersystem, hiess es auf Anfrage.
IWB hat seine Baubewilligung bereits auf dem Tisch. Kürzlich wurde dazu das Entschädigungsgesuch für die Fischtreppe beim Bafu eingereicht. Sobald eine Zusage vorliegt, können Aufträge ausgeschrieben werden. Die eigentliche Bauzeit ist auf rund zwei Jahre veranschlagt: Bauen im Fliessgewässer sei von der Natur «getaktet» und nicht präzise planbar.
Entsprechend lang ist der Weg vom Monitoring-Konzept bis zur Realisierung. Das Bauprojekt der IWB für seine acht-Meter-Mauer dürfte von den acht Staus an der Baselbieter Birs am weitesten fortgeschritten sein. Und erst wenn alle Fischaufstiege saniert sind, kann das Monitoring beginnen. Derzeit rechnet man beim Kanton Baselland mit einer Zeit nach 2024.
Das Bafu nimmt derweil nebenan am Hochrhein das Pit-Tagging als Kontrollmethode unter die Lupe: Als Vorab-Erkenntnis einer pendenten Untersuchung hiess es, man habe damit festgestellt, «dass auch Arten, die bisher nicht für grössere Wanderungen bekannt waren, überraschenderweise relativ weit gewandert sind.»
Die ersten Daten stammen von 2016: Damals waren im Rhein bei Rheinfelden AG, Augst BL und Wyhlen (D) zusammen in einem Vorprojekt gut 2000 Fische von 19 Arten getaggt und am Stau Rheinfelden Antennen montiert worden.
So konnten in Rheinfelden der Schlitz-Fischpass auf Schweizer Seite und das als vorbildlich geltende Umgehungsgerinne auf deutscher Seite verglichen werden. Die Daten des Hauptprojektes mit 20'000 Fischen von 2017/18 sind noch nicht publiziert; der Schlussbericht wird im Herbst erwartet.
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