Rund 110'000 oder 2,5 Prozent aller Personenwagen in der Schweiz fahren heute mit alternativen Antrieben – darunter 18'000 Elektro- und 11'000 CNG-Fahrzeuge (Erdgas und Biogas). Dabei kommt der Elektromobilität eine wichtige Rolle auf dem Weg in eine ökologische Zukunft zu. Bis 2030 strebt das Bundesamt für Energie laut seiner «Programmstrategie EnergieSchweiz 2021 bis 2030» eine Erhöhung des Anteils Elektrofahrzeuge (inkl. Plug-in-Hybrid) bei den Neuwagen auf 38 Prozent an. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass in elf Jahren noch immer 62 Prozent der Neuwagen von Verbrennungsmotoren angetrieben werden. Auch sie können und müssen ihren Beitrag leisten, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Mit Power-to-Gas (PtG) steht eine Technologie zur Verfügung, die massgeblich zur Senkung der CO2-Emissionen im motorisierten Individualverkehr beitragen kann. In der Schweiz besteht das Potenzial, in Zukunft bis zu eine Million Personenwagen mit synthetisch erzeugtem Methan sehr CO2-arm zu betreiben. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und des Paul Scherrer Instituts (PSI), die im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) erstellt wurde. Methan ist als CNG (Compressed Natural Gas) ein bewährter, sicherer und sauberer Kraftstoff für Verbrennungsmotoren.
Die Studie untersuchte das Potenzial in der Schweiz, Stromüberschüsse in den Sommermonaten zu nutzen, um elektrische Energie in chemische Energieträger wie Wasserstoff, Methan oder flüssige Kohlenwasserstoffe umzuwandeln.
Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa und Mitautor der Studie, präsentierte die Resultate vor rund 160 Teilnehmenden am «Symposium für nachhaltige Mobilität» in der Umwelt Arena Schweiz in Spreitenbach AG. «Die CO2-Emissionen dieser Million Autos würden gegenüber Benzinfahrzeugen um 70 bis 90 Prozent reduziert», stellte Christian Bach fest. Denn beim Power-to-Gas-Verfahren wird der Atmosphäre zur Herstellung von Methan gleich viel CO2 entzogen, wie bei der Verbrennung wieder freigesetzt wird. Ein CNG-Fahrzeug, das mit erneuerbarem Kraftstoff betrieben wird, befindet sich in seiner Umweltbilanz auf Augenhöhe mit einem Elektrofahrzeug, das mit erneuerbarem Strom geladen wird. Unter diesen Voraussetzungen kam Christian Bach zum Schluss, dass auf kurzen Strecken das Elektrofahrzeug die ideale Lösung ist, auf langen Strecken hingegen Fahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen wie CNG und Bio-Diesel.
Professor Markus Friedl von der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) ging in seinem Referat auf die Herausforderungen des Schweizer Energiesystems in einer Zukunft ohne fossile Energieträger und ohne Atomkraft ein und bezeichnete Power-to-Gas als «eine Schlüsseltechnologie von morgen». Friedl: «Es ist möglich, die Schweiz zu vertretbaren Kosten mit erneuerbarer Energie zu versorgen.» PtG aus erneuerbarem Strom reduziere nicht nur die CO2-Emissionen, sondern auch die Abhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland. Entscheidend seien technologieneutrale und faire Rahmenbedingungen. Im Juni hatte Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Power-to-Gas-Anlage der HSR besucht und ihr Interesse an der Technologie bekräftigt.
Die Bedeutung der Photovoltaik betonte Walter Schmid, Gründer und Verwaltungsratspräsident der Umwelt Arena Schweiz. «Künftig werden Gebäude auch Energielieferanten sein», sagte er. Walter Schmid wies auch auf das grosse Potenzial von Biogas aus organischen Abfällen hin: «Alleine schon mit der Verwertung aller organischen Abfälle in der Schweiz könnten zehn Prozent der Personenwagen mit Biogas versorgt werden.»
Coca-Cola Schweiz setzt schon heute auf Erdgas und Biogas als Treibstoff. Der Getränkehersteller nimmt bis November die grösste CNG-Firmenflotte der Schweiz in Betrieb. Insgesamt 180 Personenwagen der Marken Audi, Skoda und VW Nutzfahrzeuge werden Mitarbeitenden sämtlicher Jobstufen zur Verfügung gestellt. Die ersten 70 Autos wird Coca-Cola Ende August in Betrieb nehmen, weitere 110 Fahrzeuge im November dieses Jahres. «Es genügt nicht, nur Getränke zu verkaufen», sagte Patrick Wittweiler, als Country Sustainability Manager bei Coca-Cola Schweiz für das Thema Nachhaltigkeit verantwortlich.
Neben Christian Bach, Prof. Dr. Markus Friedl, Walter Schmid und Patrick Wittweiler nahmen Exponenten wie FDP-Nationalrat Thierry Burkart, Andreas Burgener (Direktor Auto-Schweiz) und Christoph Schreyer (Leiter Mobilität beim Bundesamt für Energie) am Symposium in der Umwelt Arena teil. Sie alle waren sich einig: Es geht nicht um die Frage, ob Elektro, Gas oder Wasserstoff besser ist für die Umwelt, sondern darum, wie der kombinierte Einsatz unterschiedlicher Technologien und Energieträger hilft, die CO2- und Klimaziele in der Schweiz zu erreichen.
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