Über einhundert Paragrafen umfasst das neue Wassergesetz des Kantons Zürich, über das in ein paar Wochen abgestimmt wird. Zwei alte Gesetze möchte man ersetzen oder Anpassungen ans Bundesrecht vornehmen. Das Spektrum dessen, was das neue Gesetz umfasst, ist dabei breit: Es regelt unter anderem Gewässer- und Hochwasserschutz, Gewässerhoheit, Trink- und Abwasserversorgung, Wassernutzung und Konzessionen. Es geht aber auch um Renaturierungen und die Festlegung von Gewässerräumen – einer Art Pufferzone um die Ufer, in der weder gebaut noch gedüngt werden darf.
Bei den umstrittenen Punkten des neuen Wassergesetzes geht es vor allem um die Rechte der Öffentlichkeit und der privaten Seite – vor allem der Landwirtschaft. Besonders umstritten ist die vermeintliche Privatisierung der Trinkwasserversorgung. Neu soll im Gesetz stehen, dass sich Private an der Wasserversorgung beteiligen können, sie dürfen aber nicht mehr als die Hälfte des Kapitals und nicht mehr als ein Drittel der Stimmrechte besitzen. Die Kontrolle bliebe nach wie vor bei den Gemeinden. Im Kantonsrat wurde das Gesetz nach sieben Sitzungen mit 84 zu 77 Stimmen angenommen. Grüne, SP, AL, EVP und GLP ergriffen jedoch das Behördenreferendum, SP und Grüne das Volksreferendum.
Die Gegner erinnern daran, dass der Regierungsrat private Beteiligungen komplett verhindern wollte, der Kantonsrat aber Minderheitsbeteiligungen ermöglichte. Wenn sich Konzerne wie Nestlé in die öffentliche Trinkwasserversorgung einkauften, drohten höhere Kosten oder eine schlechtere Wasserqualität, wie Erfahrungen aus dem Ausland zeigten.
Der Trinkwasserverband SVGW hält in seinem Positionspapier fest, dass die Wasserversorgung eine durch und durch öffentliche Aufgabe und «ein natürliches Monopol» sei. Aufgrund dieses Monopols könne der Wettbewerb naturgemäss nicht funktionieren, weshalb die öffentliche Hand das Monopol kontrollieren und regulieren müsse. «Um Trinkwasser nachhaltig und sicher zu verteilen, muss daher vorausschauend und sachlich über die sinnvolle Rechtsform der Trinkwasserversorgung befunden werden», sagt André Olschewski, Leiter Bereich Wasser beim SVGW. Eine Teilprivatisierung berge nur Risiken, aber keine Vorteile.
Für den Werterhalt der Trinkwasserinfrastruktur in der Schweiz werden pro Jahr durchschnittlich rund 925 Mio. Franken investiert. Verglichen mit den bestehenden Wiederbeschaffungskosten der Trinkwasserinfrastrukturen kann so davon ausgegangen werden, dass gegenwärtig genügend Finanzmittel in den Unterhalt und Erhalt investiert werden. Auch die Qualität der Betriebsführung ist heute in der Schweiz ausgesprochen gut und die Selbstverwaltung der Branche funktioniert. Dies wird auch von unabhängiger Stelle immer wieder bestätigt. «Eine Förderung der Beteiligung von privater Seite ist daher nicht im Geringsten angezeigt», erklärt André Olschewski.
Bereits heute könne die Wasserversorgung an private Körperschaften delegiert werden. Dabei würden auch die rechtlichen Pflichten wie das Kostendeckungsprinzip delegiert. Zudem gäbe es zahlreiche privatrechtlich organisierte Genossenschaften, welche die Wasserversorgung gut gewährleisteten. Einen Hinweis, dass sie die Wasserversorgung besser umsetzen als die öffentlich-rechtlichen Wasserversorger, gibt es nicht, weder in der Schweiz noch im Ausland. In der Schweiz funktionierten auch bestehende Aktiengesellschaften als Querverbundunternehmen bezüglich Infrastrukturerhalt und Betriebsführung sehr gut. «Wichtig ist», so ergänzt Paul Sicher, Leiter Kommunikation beim SVGW, «dass in der Wasserversorgung im Sinne einer guten Geschäftsbesorgung die öffentliche Hand die demokratische Kontrolle behält.»
Die Befürchtung, ein Privater könnte versuchen, auf Kosten der Infrastruktur Profit zu erwirtschaften, sei sehr ernst zu nehmen. Gemäss dem verfassungsmässigen Kostendeckungsprinzip dürfe die Trinkwasserversorgung keinen Gewinn abwerfen – unabhängig davon, ob eine Gemeinde diese selbst wahrnehme oder an eine private Organisation delegiere. Es stelle sich daher die Frage, was die wirtschaftlichen oder politischen Interessen von Privaten seien, langfristig in die Trinkwasserversorgung zu investieren. Der Gewinnanspruch Privater und damit ihre Forderungen an Mitbestimmung und Einflussnahme stehen in Widerspruch zum Auftrag der Wasserversorgung.
Der Trinkwasserverband SVGW sieht zusammenfassend weder fachlich noch wirtschaftlich eine Notwendigkeit, private Rechtsformen zu fördern. Der SVGW wird hingegen weiterhin Strukturentwicklungen fördern, die eine weitere Professionalisierung der Betriebsführung erlauben.
«AQUA & GAS» gibt es auch als E-Paper. Abonnenten, SVGW- und/oder VSA-Mitglieder haben Zugang zu allen Ausgaben von A&G.
Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.
Kommentare (0)