Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln steht im Fokus der Öffentlichkeit. Auch bei korrekter Anwendung können sie in die Umwelt gelangen und unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Mit dem «Berner Pflanzenschutzprojekt» wollen das Amt für Landwirtschaft und Natur sowie der Berner Bauernverband mit konkreten Verbesserungsmassnahmen zu einer Reduktion der Umweltbelastungen durch Pflanzenschutzmittel beitragen. Projektziel ist unter anderem den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in die Umwelt zu reduzieren, insbesondere in die Oberflächengewässer und Kläranlagen. Ein weiteres Ziel ist es, die Herbizid-, Insektizid- und Fungizid-Einsätze zu vermindern, aber dabei die Produktionspotenziale der Betriebe beizubehalten.
Doch nun gibt es vom «Berner Pflanzenschutzprojekt» erste alarmierende Fakten, die kürzlich den Medien vorgestellt wurden: Die Gewässer und Ausläufe der Kläranlagen im Kanton Bern sind teils stark durch Pflanzenschutzmittel belastet. Das zeigt eine Untersuchung des kantonalen Gewässer- und Bodenschutzlabors, die im Jahr 2017 durchgeführt wurde.
Über 80 Substanzen wurden nachgewiesen, ein Dutzend davon ist kritisch für die Gewässerorganismen: Gemessen wurden die Schadstoffeinträge in zwei kleinen Bächen und beim Ausfluss dreier Abwasserreinigungsanlagen (ARA). In den Bächen reichert sich vor allem im Frühjahr ein problematischer Cocktail an, der Pflanzen und Kleinlebewesen schädigt. Bei den Abwasserreinigungsanlagen ist das Problem sogar noch akuter. An einer ARA werden die Grenzwerte dauerhaft überschritten.
Die Gifteinträge erreichen Werte, die Fische schädigen. Dies, obwohl die Bauern gemäss geltenden Vorschriften handelten, wie Claudia Minkowski vom Gewässer- und Bodenschutzlabor betonte. Sie ist für die Messungen zuständig.
Thomas Iseli, einer der rund drei Dutzend Landwirte, die im Einzugsgebiet der beiden überwachten Kleingewässer ihr Land bestellen, war gegenüber der Zeitung «Der Bund» überrascht, als er die Befunde sah: «Ich will gesunde Lebensmittel herstellen und von deren Erlös leben», sagte er. Er sei deshalb sehr interessiert an einer Verbesserung der Situation. Ganz ohne Pflanzenschutzmittel werde er aber nicht auskommen. Sonst müsste er in schlechten Jahren einen Totalausfall der Ernte hinnehmen. Für den Berner Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann ist aber klar, dass die Landwirtschaft handeln muss.
Das tue man, betonte Hansjörg Rüegsegger, Präsident der Berner Bauern. Mit dem «Berner Pflanzenschutzprojekt» gehe der Kanton das Problem «proaktiv» an. Im zweiten Jahr des Projekts würden bereits 3200 Betriebe mitmachen. Sie erhielten von Bund und Kanton Geld für ihren Aufwand. Laut dem Projektleiter liegen die Beiträge zwischen 100 Franken und 15’000 Franken pro Betrieb. Das sechsjährige Projekt kostet insgesamt knapp 63 Millionen Franken, wovon der Kanton über 10 Millionen beisteuert.
Andreas Wyss, Geschäftsführer des Berner Bauernverbands, wies darauf hin, dass die Belastung der Gewässer mit Pflanzenschutzmitteln nicht von einem unrechtmässigen Einsatz der Pestizide herrühre. „Wir haben kein rechtliches Problem.“ Vielmehr existierten noch Wissenslücken rund ums Ausbringen von Spritzmitteln.
Und Christian Hofer, Leiter des Amts für Landwirtschaft und Natur, betonte, dass es nicht darum gehe, nun Schuldige zu suchen, sondern darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen: «Ein Patentrezept gibt es nicht, individuelle und standortangepasste Lösungen sind jetzt nötig!.»
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