Die Agenda 2030 ist ein wichtiger Meilenstein für die nachhaltige Entwicklung. Seit 2016 ist sie der global geltende Rahmen für die nationalen und internationalen Bemühungen zur gemeinsamen Lösung der grossen Herausforderungen der Welt, wie extreme Armut, Klimawandel, Umweltzerstörung oder Gesundheitskrisen. Die Agenda gilt für alle Staaten – im Norden wie im Süden – und setzt bis 2030 die internationalen Leitlinien und Prioritäten für eine nachhaltige Entwicklung. Dabei bezweckt sie Beiträge zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Förderung des menschlichen Wohlergehens und zum Schutze der Umwelt. Zudem greift sie Aspekte wie Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Regierungsführung auf, die für die nachhaltige Entwicklung von grundlegender Bedeutung sind. Kernbestandteil der Agenda 2030 sind die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung und ihre fast 170 Zielvorgaben oder Unterziele. Die Schweiz war dabei von Anfang an massgeblich an der Erarbeitung der Agenda 2030 und ihrer Ziele beteiligt. Und sie machte sich auch für einen strikten Überprüfungsmechanismus stark, zu dem eine freiwillige Länderprüfung und eine Berichterstattung zur Umsetzung der Nachhaltigkeit im Rahmen eines hochrangigen politischen Forums gehören.
Eines der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, Ziel 6, beschäftigt sich dabei mit der Verfügbarkeit und der nachhaltigen Bewirtschaftung von Wasser. Der Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen ist ein Menschenrecht und die Ressource Wasser «ein entscheidender Faktor für alle Aspekte der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung». Ziel 6 umfasst deshalb neben dem Zugang zu Trinkwasser, zur Sanitärversorgung und zur Hygiene weitere Unterziele zum Schutz und zur Wiederherstellung von wasserverbundenen Ökosystemen wie zum Beispiel von Wäldern, Feuchtgebieten, Flüssen oder Seen. Die Wasserqualität soll verbessert und die Verschmutzung von Wasser durch gefährliche Chemikalien verringert werden. Und für eine integrierte Bewirtschaftung der Wasserressourcen soll eine «grenzüberschreitende Zusammenarbeit» gefördert werden.
Doch wie sieht es nun mit der Erreichung dieses Zieles aus? Wo gibt es Defizite und was ist schon geschafft? Eine Analyse des Berichtes, der diesen Sommer veröffentlicht wurde und von Bundesrätin Doris Leuthard anlässlich eines UNO-Forums explizit vorgestellt wurde, zeigt, dass bei den Strukturen der Fliessgewässer, beim Trinkwasserverbrauch und vor allem beim Nitratgehalt des Trinkwassers in der Schweiz noch nicht alles zum Besten steht.
«Hier gibt es noch Handlungsbedarf», ist man im länderspezifischen Bericht der Schweiz für eine nachhaltige Entwicklung, aber auch bei Umweltschutzorganisationen der Meinung. 2014, so ist im Bericht zu lesen, hätten zum Beispiel 13 Prozent der Messstellen in der Schweiz noch eine Nitratkonzentration aufgewiesen, die über dem rechtlich vorgeschriebenen Anforderungswert von 25 mg/l gelegen hätten. Aufgrund der Datenvariabilität, so relativiert man im Bericht ebenfalls, hätte aber daraus «kein signifikanter Trend» abgeleitet werden können.
Zielsetzung des Bundes sei es aber weiterhin für die Erhaltung des Grundwassers zu sorgen, um die Qualität des Trinkwassers nachhaltig sicherzustellen. Als Anrainer zahlreicher grenzüberschreitender Wasserläufe engagiere sich die Schweiz zudem schon heute in Europa auf internationaler Ebene in gemeinsamen Gewässerkommissionen. Auf globaler Ebene unterstütze sie ausserdem das Recht auf sauberes Trinkwasser sowie Initiativen zur Verwirklichung eines nachhaltigen Managements der Wasserressourcen, ein integriertes Monitoring von Oberflächengewässern und Grundwasser sowie die Stärkung der multilateralen Koordination im Wassersektor.
In der Schweiz habe zudem – als weitere positive Punkte – die gesamte Bevölkerung Zugang zu Trinkwasser, was weltweit gesehen keineswegs eine Selbstverständlichkeit sei. Zudem existierten leistungsfähige Abwasserreinigungsanlagen, die nach dem Verursacherprinzip betrieben würden. Und der Bund fördere gemäss Verfassungsauftrag in seinem Einzugsgebiet auch eine gesamtheitliche Bewirtschaftung des Wassers. Die Kantone ihrerseits bestimmten für jedes Gewässer und jeden Entnahmeort eine angemessene minimale Restwassermenge. Zudem hätte die Schweiz ihre Wasserentnahme während der letzten zehn Jahre stark reduzieren können.
Dennoch stehe der Wassersektor der Schweiz vor gewissen Herausforderungen. Der Klimawandel habe, wie sich auch im Sommer 2018 eindrücklich gezeigt hat, in den letzten Jahren zu lokaler Wasserknappheit geführt: Jüngste wissenschaftliche Studien zeigten zudem, dass sich dieses Phänomen in Zukunft in den Sommermonaten wohl noch zuspitzen werde. Gleichzeitig werde auch die Gletscherschmelze weiter zunehmen.
Relativ gut stehe es in der Schweiz um das Trinkwasser: Grenzwerte für seine Verunreinigung würden durch regelmässige Kontrollen überprüft. Und das Protokoll «Wasser und Gesundheit» der Weltgesundheitsorganisation WHO werde umgesetzt. Ausserdem habe dank dem Bau von Kläranlagen die Verschmutzung der grossen und mittleren Fliessgewässer mit Stickstoff und Phosphor stark gesenkt werden können. Massnahmen seien ergriffen worden, um Mikroverunreinigungen zu bekämpfen. Ein Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sei verabschiedet worden und man habe eine Gesetzgebung zu besonders besorgniserregenden Stoffen (SVHC) eingeführt. Eine Bundesgesetzgebung für den Gewässerschutz sehe ausserdem vor, in den kommenden achtzig Jahren mehr als 4000 Kilometer Fliessgewässer zu revitalisieren. Gleichzeitig sollen bis 2030 mehr als eintausend Wanderhindernisse für Fische, einhundert Wasserkraftwerke, die künstliche Abflussschwankungen verursachen, sowie fünfhundert Wasserkraftwerke und andere Anlagen, die zu Geschiebedefiziten in den Fliessgewässern führen, saniert werden.
Die Agenda 2030 wird auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene unter Berücksichtigung bestehender Verpflichtungen, Zuständigkeiten und bewährter Aufgabenteilungen umgesetzt. Viele Kantone und Gemeinden haben ihre eigenen Nachhaltigkeitsstrategien. Der Bund wird den Dialog mit den Kantonen und Gemeinden verstärken und sie bei der Umsetzung der Agenda 2030 unterstützen, beispielsweise über Austauschplattformen und Netzwerke. Der SVGW unterstützt die Massnahmen des Bundes zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 und ist der Meinung, dass gerade bei der nachhaltigen Bewirtschaftung von Wasser in Zukunft noch einiges getan werden sollte.
Der Bund müsse seinem Verfassungsauftrag zur dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für den Schutz der Wasservorkommen weiterhin verstärkt nachkommen. Besondere Beachtung müsse dabei dem Eintrag von Fremdstoffen in Boden, Wasser und Gewässersedimenten geschenkt werden, da sich dort Stoffe anreicherten, die weiter ins Grundwasser gelangen könnten. Der Grundsatz, dass im Wasser keine künstlichen, langlebigen Stoffe enthalten sein dürfen, müsse zudem auch dazu führen, dass konsequenterweise solche erst gar nicht mehr in die Umwelt gebracht würden. Dies bedeute konkret, dass zum Beispiel langlebige und wassergängige Pflanzenschutzmittel oder ihre Abbauprodukte ersetzt werden müssten und dass medizinische Unternehmen und Industriebetriebe ihre Abwässer wirksam vorbehandeln müssten. In diesem Sinne fordert der SVGW einen «Stopp an der Quelle».
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