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Fachartikel
26. Juni 2018

ENERGIE- und WasserFACHTAGUNG

Von den Herausforderungen der Digitalisierung

Eine SVGW-Fachtagung zu den Themen Energie und Wasser stand Mitte Juni in Zürich auf dem Programm: Nach gemeinsamen Einstiegsreferaten zu Digitalisierung und Ökobilanzen wurde fachspezifisch informiert und diskutiert. Zum ersten Mal gab es zudem einen Referatsblock der Industrie- und Ingenieurfachgruppe des SVGW.
  

Professor Gaëtan Cherix, Direktor der Hochschule für Ingenieurwissenschaften (HES-SO) in Sion im Kanton Wallis, ging als erster Redner der Einstiegsreferate auf die Herausforderungen und Chancen von Energieressourcen und von kommunaler Infrastruktur ein. Speziell beleuchtete Cherix das sogenannte Trilemma-Energiemodell und die historische Entwicklung der Energiesysteme: Wie der Name des Modells schon andeute, so heisse es bei der Verfügbarkeit von Energien in drei Schritten vorzugehen, so der Professor: Erstens, Produktionsanlagen entwickeln, um Energien bereitzustellen. Zweitens via guter Infrastruktur zu möglichst verbraucherfreundlichen Preisen genügend Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen. Und schliesslich drittens zum Wohle der Umwelt und der endlichen fossilen Ressourcen eine nachhaltige Entwicklung sicherstellen.

Zur Erfassung, Verarbeitung und Verbesserung territorialer (Energie-)Daten sehr nützlich sei aber auch der Ansatz der sogenannten «Smart Cities»: «Diese», so Cherix, «zielen insbesondere darauf ab, neue Technologien in den Bereichen Infrastruktur, Gebäude und Mobilität zu vernetzen, um integrierte Planungsprozesse zu fördern.»

Umfassend und verlässlich

Zum Thema «Ökobilanzen aus Umweltsicht» äusserte sich daraufhin Thomas Kägi, Mitglied der Geschäftsleitung der Carbotech AG in Basel: «Ökologie und soziale Verantwortung sind heute aktuelle und viel diskutierte Themen», erklärte Kägi. «Denn uns allen wird zunehmend bewusst, dass die Basis der wirtschaftlichen Aktivitäten die natürlichen Ressourcen sind und ihr Ziel das allgemeine Wohlehrgehen der Gesellschaft.» Die Umwelt miteinzubeziehen, sei da schon wesentlich schwieriger. So stelle sich die Frage, welche Auswirkungen berücksichtigt man und wie sollen sie gewichtet werden? Oder ist die Fokussierung auf die Klimaveränderung, als eines der meist diskutierten Umweltprobleme, wirklich ausreichend? Und wie sieht es mit dem Wasser aus?

Thomas Kägi ging in der Folge vor allem sehr ausführlich auf den Stellenwert von Ökobilanzen ein, indem er meinte: «Natürlich hat die Ökobilanz die Wahrheit nicht gepachtet. Und ihre Resultate sind immer nur so gut wie die zugrundeliegenden Annahmen und Daten. Aber die Ökobilanz gilt heute in Kreisen der Wissenschaft, Wirtschaft und Politik immer noch als die umfassendste und verlässlichste Methode zur Beurteilung von Umweltauswirkungen.»

Energie: Von Power to Gas…

Nach diesen Inputreferaten ging es daraufhin in getrennten Sälen fachspezifisch um Energie und Wasser. Im Bereich Energie orientierte als Erster Martin Seifert, Technologie & Umwelt beim SVGW, über das Projekt «Store&Go» der Europäischen Union (EU): Im Jahr 2015 bewilligt, habe das Vorhaben der EU eine Laufzeit von vier Jahren und es verfüge über ein Gesamtbudget von 28 Millionen Euro, wobei rund 65 Prozent von der EU direkt kämen. Ausserdem seien 27 Forschungspartner aus sechs Nationen und aus den verschiedensten Bereichen wie Forschung, Industrie und Energieversorgung, aber auch von Hochschulen und Verbänden am Projekt beteiligt. «Insgesamt», so erklärte Martin Seifert, «sollen an drei Standorten, nämlich in Deutschland, Italien und der Schweiz innovative Power-to-Gas-Speicherkonzepte aufgebaut und erprobt werden.»

Christopher Stahel, Geschäftsführer der Erdgas Regio AG in Rapperswil-Jona, erläuterte daraufhin am isländischen Fallbeispiel «Nordur» das Thema «erneuerbares Gas im internationalen Kontext». Die sogenannte Nordur-Initiative sei im Jahr 2011 auf privatwirtschaftlicher Basis lanciert worden und habe zum Ziel, eine verstärkte Zusammenarbeit der EFTA-Staaten Schweiz, Island und Norwegen im Bereich der erneuerbaren Energien zu fördern und konkrete Projekte umzusetzen. Abzuklären sei zum Beispiel die Frage, wie in Island produziertes Erdgas «zu technisch, wirtschaftlich und ökologischen Konditionen» zum Rheinhafen Basel transportiert und von da in das Schweizer Erdgasnetz eingespeist werden könnte.

 … bis zu grabenlosen Baumethoden

Eher der Energie im Boden widmeten sich daraufhin zwei weitere Gastreferenten. So orientierte Martin Rigaud, Geschäftsführer der Brugg Rohrsystem AG in Kleindöttingen, über «Bau und Betrieb von Rohrleitungen im Fernwärme und Kältenetz». Und Philipp Kohlschreiber, Leiter des Bereichs Trenchless bei der Implenia Schweiz AG, erläuterte die Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten grabenloser Baumethoden, speziell des sogenannten «Microtunneling». Während dabei für den Geschäftsführer der Brugg AG die diversen unterirdischen Rohrleitungen aufgrund der Baudichte in den Städten vor allem für die Fernwärme «eine enorme Wichtigkeit» haben, ist es für den Implenia-Verantwortlichen klar, dass das «Microtunneling» in Zukunft ganz allgemein «mehr und mehr zum Einsatz» kommen wird. Vor allem in Zeiten von zunehmender Verdichtung, wachsendem Verkehrsaufkommen und immer strengerer Umweltauflagen sei das Microtunneling eine «hervorragende Möglichkeit» für die Verlegung unterirdischer Leitungen.

Trinkwasserqualität: quo vadis?

Ebenso zahlreich und vielfältig wie bei der Energie waren die präsentierten Themen im Wasserbereich: Andreas Peter, Leiter der Qualitätsüberwachung bei der Wasserversorgung Zürich (WVZ), erörterte vor allem das Thema Trinkwasserhygiene aus der Sicht eines grossen Versorgers: «Die rasante Entwicklung von hochempfindlichen Analyseverfahren im Wasserlabor und bei den Online-Messsystemen», so erklärte der Experte, «macht heutzutage eine Datenfülle möglich, die Fluch und Segen zugleich ist.» In diesem dynamischen Umfeld gehe die WVZ deshalb «einen Mittelweg zwischen Innovation und Kontinuität»: Neue Methoden gesellten sich zu Altbewährtem und ermöglichten so ein ganzheitliches Bild der Trinkwasserqualität in all ihren Facetten.

Für Dominique Blanc, den Leiter des Epidemielabors  am Universitätsspital Lausanne, ist zudem auch klar, dass Krankenhäuser «als anspruchsvolle Bezüger» spezielle Erwartungen an die Trinkwasserhygiene stellen: Oft sei man mit Krankheitserregern wie Bakterien, Legionellen oder Pseudomonaden konfrontiert und so sei es besonders wichtig, eine einwandfreie Wasserqualität zu haben: «Es ist ganz einfach die Pflicht der Spezialisten der Infektionskontrolle, sicherzustellen, damit in den Krankenhäusern alle Wässer, die im Umlauf sind, eine gute mikrobiologische Qualität aufweisen.»

Vor allem über die «koordinierte Planung» punkto Trinkwasserversorgung, orientierte daraufhin Heinz Ehmann, Leiter der Abteilung Gewässerqualität und -nutzung beim Amt für Umwelt in Frauenfeld im Kanton Thurgau. Zur Sprache kamen dabei die Wasserbilanz, die mit den Jahren gewachsene Versorgungsstruktur sowie die regionale und überregionale Entwicklung der Wasserversorgung: «Unser Bodensee», so zeigte sich Heinz Ehmann überzeugt, «ist nicht nur heute, sondern wohl auch in Zukunft ein sicherer und bedeutender Wasserspeicher, der grossen Einfluss auf die Wasserbilanzen in der Region hat und noch haben wird.»

Über den aktuellen Stand der sogenannten «Trinkwasserinitiative», aber auch deren Entstehungsgeschichte und mögliche Perspektiven informierte schliesslich an der Tagung André Olschewski, Bereichsleiter Wasser beim SVGW, unter dem Titel «High Noon im Trinkwasser Ressourcenschutz». Er ging einerseits auf die Entstehungsgeschichte der Initiative, ihren aktuellen Stand und die künftige Entwicklung ein, erläuterte andererseits aber auch die Absichten des SVGW betreffend «Trinkwasserinitiative»: «Wenn der Bundesrat, was wir erwarten, bei der Abstimmung für eine Ablehnung des Volkbegehrens plädiert, werden wir uns wahrscheinlich für die Ausarbeitung eines interdirekten Gegenvorschlags im Parlament einsetzen.»

Industrie- und Ingenieurgruppe

Den Abschluss der Wasserfachtagung machte jeweils ein fachspezifischer Referatsblock der Industrie- und Ingenieurfachgruppe des SVGW: So orientierte Sandro Uster, Projektingenieur bei der Holinger AG in Liestal, über «Erdbebensichere Verrohrung in Wasserversorgungsanlagen».  Die «Durchflusszytometrische Bestimmung der totalen mikrobiellen Zellzahl» war das Thema bei Pascal Schärer von der Sigrist Photometer AG in Ennetbürgen. Und Marcel Kaufmann von der Hinni AG in Biel-Benken klärte über die Netzüberwachung in Kunststoffleitungen auf. «Ist Radon die unsichtbare Gefahr aus dem Untergrund?», fragte schliesslich Andri Caviezel von der Rittmeyer AG in Baar, während Urs Gisler von der Remec AG in Altdorf über die «Digitalisierung der Qualitätssicherung» mit Hilfe eines modernen Handgerätes nachdachte und Martina Hofer von der Unimon GmbH in Bergdietikon über die «Integration mikrobiologischer Online-Messverfahren für die Kontaminationsüberwachung» informierte.

Und im Energiebereich war die «Hybridbox: vom Wärmeerzeuger zur innovativen Energiezentrale» das Thema bei Roger Balmer, Geschäftsführer bei der Pro Energie Projekt und Energie GmbH in Sirnach, während Thierry Schneider, CEO der Tetraedr Sarl in Auvernier, über «Datenübertragung via Mobilfunknetze» orientierte. Den «Stand der Technik und die Praxisanwendungen beim Bau von Kraftwerksleitungen mit duktilen Gussrohren» erläuterte Marco Decurtins, Verkaufsleiter bei der Wild AG in Jona. Und ein «chipbasiertes Messsystem für die Gasbeschaffenheitsmessung» erklärte Phillippe Prêtre, Technischer Direktor bei der Mems AG in Birmensdorf, während Jan Robra, Projektleiter bei der Opan concept SA in Neuchâtel, sich mit dem «Projekt Canal-e/GiS-Gebäudeenergie auseinandersetzte.  

 

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