Ein gutes Vierteljahrhundert ist es her, seit der SVGW seine «Empfehlungen betreffend Datenerfassung und -auswertung bei mittleren Wasserversorgungen», welche die Nummer W16 erhielt, publiziert hat. Auch wenn in der Zwischenzeit die Gesellschaft mit neuen Produkten wie Internetbrowsern, Smartphones, sozialen Medien oder dem iPad durchdrungen wurde, schien die Wasserversorgungsbranche das Datenzeitalter im reglementarischen Schlaf der Gerechten zu verbringen.
Herzstück: detaillierte Angaben zur Datenerfassung
Ist es da nicht viel zu spät, sich jetzt, im Jahre 2018, mit einer neuen «Empfehlung für die Datenerfassung und -auswertung bei Wasserversorgungen» wie die alte Fasnacht auch noch zum Thema äussern zu wollen? Nicht unbedingt. Denn erstens sind die Grundsätze des Messens in Wasserversorgungen gleich geblieben. Sie gelten trotz leistungsfähigerer Messgeräte und einfacherer Datenverwaltung und -auswertung weiterhin. Und zweitens hat sich das sinnvolle und gezielte Filtern der Datenflut als eine zentrale Herausforderung des Informationszeitalters herauskristallisiert. So gilt es auch für Wasserversorger, nicht einfach blind alles zu messen, was möglich ist. Vielmehr müssen sie eine sinnvolle Auswahl an Messparametern treffen, um die Qualität des Trinkwassers weiterhin gewährleisten zu können. Für diese Aufgabe steht ihnen in der Zwischenzeit die neue SVGW-Richtlinie W12 zur Verfügung. Mit einem risikobasierten Ansatz wird darin der Standard für eine gute Verfahrenspraxis in Wasserversorgungen festgelegt.
Mit der W12 im Hintergrund ist das Herzstück der neuen W1014 ein neues, ausführliches Kapitel zur Datenerfassung. Darin geben die Autoren anhand diverser Tabellen Empfehlungen ab, welche Parameter bei den verschiedenen Schritten erfasst werden sollten. Dabei wird unterschieden, ob es sich empfiehlt, die Messgrösse standardmässig oder situativ zu erfassen und ob dies kontinuierlich oder periodisch erfolgen soll.
Für die Wassergewinnung bedeutet das beispielsweise, dass beim Grundwasser standardmässig die Förderung, der Grundwasserstand und die Temperatur kontinuierlich gemessen werden sollten. Zum Standard gehört dabei auch die periodische Erfassung der mikrobiologischen Parameter «AMK» und «Fäkalindikatoren». Situativ soll beim Grundwasser der Pegelstand oder die Leitfähigkeit analysiert werden. Bei Gewinnung und Aufbereitung sind die Parameter aufgrund ihrer für die Wasserqualität entscheidenden Position am Anfang des Trinkwasserversorgungsprozesses noch zahlreich. Danach reduzieren sie sich für die Speicherung und Verteilung. Bei der Verteilung empfiehlt die neue W1014, als Standard nur den Durchfluss sowie AMK und Fäkalindikatoren zu erfassen.
Nicht zuletzt diesen detaillierten Empfehlungen zur Datenerfassung ist es geschuldet, dass die W1014 innerhalb des SVGW-Regelwerkes den Status einer Empfehlung hat. Die Vorgängerpublikation war im Gegensatz dazu eine Richtlinie, auch wenn im Titel das Wort «Empfehlungen» enthalten war. Der neue Status bedeutet, dass der Verband die in der W1014 gemachten Vorschläge zwar zur Umsetzung empfiehlt, ihnen aber nicht die gleich grosse Verbindlichkeit wie den Vorgaben in den Richtlinien beimisst. Letztere sollen den in der Branche anerkannten Stand der Technik abbilden.
Neben dem gerade erwähnten ausführlichen Kapitel zur Datenerfassung geht die neue Empfehlung, die sich primär an kleine und mittlere Wasserversorgungen richtet, noch auf die Systemtechnik, die Datenarchivierung und -verarbeitung sowie die Datenauswertung ein. Bei der Systemtechnik machen die Autoren darauf aufmerksam, dass Wasserversorger die Messprinzipien der Geräte kennen sollten, um unter anderem die Plausibilität der erhaltenen Daten besser einschätzen zu können. Ein Anhang der W1014 bietet dazu eine Zusammenstellung der Messgeräte und erläutert das Messprinzip. Zudem gehen die Autoren kurz auf die IT-Sicherheit ein. Sie soll im Idealfall mit werkseigenen Kommunikationsanlagen oder zumindest mit einem robusten Berechtigungskonzept gewährleistet werden. Ausführlicher behandelt das Thema eine neue Regelwerkspublikation, die momentan noch erarbeitet wird.
Stellen die immer leistungsfähigeren Messgeräte auch für die Wasserversorger einen grossen Fortschritt dar, bergen sie aber die Gefahr, Datenfriedhöfe zu erzeugen. Die W1014 liefert hier ganz konkrete Empfehlungen, wie gross die Archive sein sollen. Beispielsweise sollen für Minutenwerte nur die Daten der letzten 400 Tage gespeichert werden, bei den Monatswerten dagegen die der letzten 10 Jahre. Die Daten sollten zudem in einer Form vorliegen, die den Export und Import über Standard-Datenbankschnittstellen ermöglichen.
Für die Auswertung der Daten empfehlen die Autoren eine grafische Darstellung, erlaubt diese doch ein wesentlich schnelleres Erfassen der Situation. Sollte der Einsatz der Mengendaten für die generelle Wasserversorgungsplanung und zur Abschätzung der Wasserverlust grundsätzlich klar sein, zeigt eine Tabelle in der W1014, wie die einzelnen Mengendaten konkret verwendet werden können. Speziell mit eigenen Grafiken geht die Empfehlung des Weiteren auf die Mengendaten der Reservoir- und Grundwasserstände ein.
Ihrer zentralen Stellung entsprechend erhält die Wasserqualität eine eigene Tabelle, welche die Bedeutung der einzelnen Parameter aufzeigt. Beispielsweise dient eine Ozonmessung dazu, die Trinkwasserbeschaffenheit, die pH-Korrektur oder die Ozonung zu beurteilen. Ergänzend zu dieser Tabelle gibt es noch eine weitere, die darstellt, wie Qualitätsparameter ausgewertet werden können. So besteht der Nutzen einer einfachen Zeitreihe von Nitratmessungen im Verteilnetz darin, dass man damit die Selbstkontrolle gewährleistet und gleichzeitig etwas über die Saisonalität erfährt. Auch in diesem Bereich stützt sich die W1014 auf die W12.
Da die von einer Wasserversorgung erhobenen Daten die Grundlage für eine Jahresbeurteilung darstellen, wird dieser Punkt in der neuen Empfehlung auch aufgegriffen. Als spezielles Zückerchen hat der SVGW zusätzlich zur W1014 eine Muster-Jahresbeurteilung verfasst, die unter www.svgw.ch/W1014-Muster heruntergeladen werden kann. Diese soll an einem konkreten Fall einen möglichen Aufbau einer Jahresauswertung zeigen. Dabei ist es durchaus im Sinne des Vereins, wenn auch ganze Textteile übernommen werden – vorausgesetzt, sie treffen auf den vorliegenden Einzelfall zu.
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