Die leider unkontrollierte Öffnung des Gasmarktes ist heute nur ein Aspekt einer grossen gesellschaftlichen Veränderung, die uns Versorgungsbetriebe in vielerlei Hinsicht betrifft: die wachsenden Finanzialisierung unserer Unternehmen. Für uns als Verwalter der Netze wird es zur Herausforderung werden, den Zerfall der Infrastruktur zu verhindern, wie er aus den USA und dem Vereinigten Königreich bekannt ist – Länder, die uns in puncto Finanzialisierung ihrer Infrastruktur voraus sind.
In allen Bereichen wendet sich die Aufmerksamkeit der Behörden und Verwaltungsräte aufgrund dieser Entwicklungen immer stärker den kommerziellen und finanziellen Aspekten zu: Wie können Märkte verteidigt,
der Konkurrenz Kunden abgeworben und unregulierte Märkte erschlossen werden, die möglicherweise lukrativere Margen bieten? Immer mehr Ressourcen werden für diese neuen Prioritäten bereitgestellt.
Auf der anderen Seite wird unsere Infrastruktur durch den Druck, Investitionen und Unterhaltskosten zu optimieren, immer weniger widerstandsfähig, auch wenn sie grundsätzlich funktionstüchtig bleibt. Wenn wir die Finanzialisierung schon nicht stoppen können, dürfen wir wenigstens nicht zulassen, dass sie unsere Infrastruktur beeinträchtigt. Wir müssen deshalb lernen, unseren Behörden (oder unseren Aktionärinnen und Aktionären) klarzumachen, dass kommerzielle Massnahmen keinesfalls zu einem Zerfall unserer Infrastruktur oder gar dazu führen dürfen, dass Kundinnen und Kunden nicht mehr versorgt werden können. Trotz des Drucks der Finanzialisierung die Mittel für den Unterhalt einer funktionierenden, belastbaren Infrastruktur zu beschaffen, wird eine unserer grossen Aufgaben des laufenden Jahrzehnts sein.
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