Frau Bourgeois, seit 2006 überwacht die DUW die Wasserqualität der Rhone oberhalb des Genfersees. Was sind die Ziele und der Umfang dieser Überwachung?
Hélène Bourgeois: Mit dem Ziel, die Überwachung der Qualität des Wassers, das den Genfersee speist, zu verstärken, hat die Dienststelle für Umwelt (DUW) seit 2006 ein kontinuierliches Analyseprogramm von der Rhone bis zur Porte du Scex mit Sammelproben über 14 Tage eingeführt. Das Analyseprogramm umfasst Pestizide und Medikamentenrückstände. Die Liste der analysierten Substanzen wird regelmässig entsprechend den nationalen Messprogrammen (NAWA) und unseren Kenntnissen des Geländes angepasst. Ebenfalls seit 2006 werden zweimal jährlich punktuelle Analysekampagnen entlang der Rhône oberhalb und unterhalb der wichtigsten Industriestandorte durchgeführt.
«2008 wurde zwischen der DUW und den Industrien eine Leitlinie 'Strategie Mikroverunreinigungen VS' eingeführt. Diese hat es ermöglicht, die in die Rhone eingeleiteten industriellen Mikroverunreinigungen drastisch zu reduzieren.»
Welche Massnahmen und Strategien wurden entwickelt, um die Verschmutzung der Rhone, insbesondere durch Mikroverunreinigungen, zu reduzieren?
H.B.: Im Wallis münden fast alle Wasserläufe in die Rhone. Die Mikroverunreinigungen, die in den Oberflächengewässern gefunden werden, stammen aus verschiedenen Quellen: Landwirtschaft, Industrie und Hausgebrauch. Die Stoffe gelangen vor allem durch Auswaschung aus dem Boden und durch Einleitungen aus industriellen und kommunalen Kläranlagen in die Gewässer. Eine Reihe von Massnahmen wird umgesetzt und im Laufe der Zeit verstärkt:
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Welche Trends wurden seit Beginn des Monitorings bis heute beobachtet?
H.B.: Die Belastung durch bekannte und überwachte industrielle Schadstoffe ist zwischen 2006 und heute um mehr als 90% zurückgegangen. Das am häufigsten in der Rhône gefundene Pestizid ist Glyphosat. Es wird seit 2012 an der Porte du Scex analysiert und seine Konzentration ist relativ konstant. Insgesamt zeigt der allgemeine Trend eine Abnahme der Pestizide in der Rhone an der Porte du Scex.
Welche der ergriffenen Massnahmen haben sich aufgrund der Ergebnisse des Monitorings als wirksam erwiesen?
H.B.: Die umfangreiche Zusammenarbeit mit der Industrie, die bereits vor 2008 zur Erstellung und Umsetzung der Leitlinie «Strategie Mikroverunreinigungen VS» eingeführt wurde, trägt Früchte und hat seither zu einer deutlichen Verringerung der in die Rhone eingeleiteten industriellen Schadstoffe geführt.
In welchen Bereichen sind noch Verbesserungen notwendig? Wie können diese erreicht werden?
H.B.: Die hohe Fliessgeschwindigkeit der Rhône und ihre zeitlichen Schwankungen erfordern analytische Methoden, mit denen auch sehr geringe Konzentrationen nachgewiesen werden können. Wir wissen, dass viele Substanzen derzeit nicht identifiziert werden. Durch die Einführung von Non-Target-Screenings (nicht zielgerichtetes Screening) in der Rhône konnten neue Moleküle entdeckt werden, die potenziell giftig für die Umwelt sind. Ihre Identifizierung und ihre Quellen sind jedoch unvollständig und erfordern weitere Untersuchungen. Die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für die Quellen und Auswirkungen von Mikroverunreinigungen muss verbessert werden, um deren Verwendung zu verringern.
«Die Bemühungen der Gemeinden müssen fortgesetzt werden, um das Abwasser vom Klarwasser zu trennen, um die Behandlungseffizienz der ARA zu verbessern und die Betriebskosten zu senken.»
Fast das gesamte gereinigte Abwasser des Kantons Wallis gelangt über die Rhone schliesslich in den Genfersee. Wie sieht die aktuelle Bilanz der Abwasserreinigung im Kanton Wallis aus, insbesondere in Bezug auf Nährstoffe und Mikroverunreinigungen?
H.B.: Die letzte Bilanz der Abwasserreinigung im Wallis hat die Leistung der ARA und ihre Auswirkungen auf die Fliessgewässer aufgezeigt. Für das Jahr 2022 sind die Ergebnisse insgesamt positiv. Die Gemeinden müssen jedoch weiterhin Anstrengungen unternehmen, um Schmutzwasser und Klarwasser zu trennen, um die Behandlungseffizienz der ARA zu verbessern und die Betriebskosten zu senken. Bisher ist noch keine kommunale ARA im Kanton mit einer Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen ausgestattet. Darüber hinaus muss die Situation in Bezug auf die Einleitung von Stickstoff in die Flüsse verbessert werden, was derzeit noch eine Herausforderung darstellt.
Welche Anstrengungen werden unternommen, um die Situation zu verbessern?
H.B.: In den nächsten Jahren werden die grossen ARA im Wallis modernisiert. Dazu gehören das regionale Abwasserprojekt in Monthey, die ARA von Briglina-Brig, Martigny, Sierre-Noës und Sion-Châteauneuf. Sie sollen mit einer Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen ausgestattet werden, um die Abbaustandards der aktuellen Gesetzgebung zu erreichen. In den meisten der betroffenen Anlagen sind Studien im Gange und weit fortgeschritten, um die optimalen Verfahren auszuwählen. Alle diese Projekte halten sich auf nationaler Ebene an den Zeitplan. Der Kanton verfolgt auch aufmerksam die auf Bundesebene laufenden Arbeiten zur Umsetzung der Motion über Massnahmen zur Elimination von Mikroverunreinigungen, die auf alle Kläranlagen anwendbar sind und 2021 vom Parlament angenommen werden sollen. Darüber hinaus wird durch die schrittweise Planung und Realisierung von Trennsystemen im gesamten Kantonsgebiet der Zufluss von parasitärem Klarwasser zu den ARA verringert.
Herr Degoumois, vom Oberflächenwasser zum Grundwasser: Wie wird die Qualität des Grundwassers im Wallis überwacht?
Yves Degoumois: Die DUW führt jährlich zwei Kampagnen zur Überwachung der Grundwasserqualität des Rhone-Grundwasserleiters zwischen Brig und dem Genfersee durch. Zusätzlich zu diesen Kampagnen werden vom Kanton gezielte Kontrollen durchgeführt und von den zahlreichen Verantwortlichen für belastete Standorte Kontrollen im Zusammenhang mit der Untersuchung und Überwachung von belasteten Standorten verlangt.
Wodurch ist das Walliser Grundwasser belastet? Woher stammen diese Stoffe?
Y. D.: Die Verschmutzung des Grundwassers in der Rhoneebene ist nicht flächendeckend und variiert je nach Ort und Tiefe. Insgesamt gibt es acht Verschmutzungsfahnen, die der DUW besondere Sorgen bereiten. Es handelt sich um die Gebiete unterhalb der Industriestandorte Collombey-Muraz, Monthey, Evionnaz, Siders und Visp sowie um die ehemalige Deponie Gamsenried. In geringerem Mass kommen die Sektoren unterhalb des ehemaligen Electrolytor-Standorts an der Grenze zwischen den Gemeinden Collombey-Muraz und Monthey sowie des Ausbildungszentrums des Zivilschutzes in Grône hinzu.
Fünf dieser acht Fahnen weisen neben der spezifischen Verschmutzung durch die industrielle Tätigkeit auch eine Verschmutzung durch PFAS (per- und polyfluoroalkylierte Substanzen) auf. Dabei handelt es sich um den Unterlauf der ehemaligen Raffinerie in Collombey-Muraz, den Standort Grône und die Chemiestandorte Visp, Monthey und Evionnaz. Die drei von den PFAS verschonten Bereiche entsprechen dem Unterlauf der ehemaligen Deponie Gamsenried, unterhalb derer sich eine lange Benzidinverschmutzungsfahne erstreckt, und zwei Fällen von Perchlorethylenverschmutzung (eine flüchtige organische Verbindung, die insbesondere für die chemische Reinigung verwendet wird), jeweils unterhalb der ehemaligen Wäscherei des Industriestandorts Siders und des ehemaligen Electrolytor-Standorts. Diese Standorte sind Gegenstand gezielter Sanierungsmassnahmen und/oder profitieren von einer hydraulischen Einschliessung. Umfangreichere Massnahmen zur Sanierung der einzelnen Altlasten, die diese Schadstofffahnen verursachen, werden derzeit geprüft.
Welche Massnahmen wurden und werden insbesondere in Bezug auf die Altlasten ergriffen, um das fĂĽr die Trinkwassergewinnung genutzte Grundwasser zu schĂĽtzen?
Y. D.: Die oben genannten kontaminierten Standorte sind entweder Gegenstand laufender Sanierungsmassnahmen oder eines hydraulischen Einschlusses bis zu ihrer Sanierung. Die Auswirkungen dieser Massnahmen auf die Grundwasserqualität werden überwacht. Andere Standorte, die starke Beeinträchtigungen der Grundwasserqualität verursachten, wurden in den letzten 15 Jahren bereits saniert (z.B. die ehemalige Sondermülldeponie Pont Rouge in Monthey).
«Die kontaminierten Standorte, die PFAS-Verschmutzungsfahnen im Grundwasser verursachen, sind entweder Gegenstand laufender Sanierungsmassnahmen oder einer hydraulischen Eingrenzung.»
Und nun zu einem aktuellen Thema, der Stoffgruppe der PFAS: Das Wallis gehört zu den ersten Kantonen, die das Vorkommen von PFAS im Grundwasser kontrolliert haben (seit 2017), eine Strategie festgelegt haben und mit der Sanierung der belasteten Standorte begonnen haben. Wie sieht die PFAS-Belastungssituation im Walliser Grundwasser aus und woher stammen die gefundenen per-/polyfluorierten Substanzen?
Y. D.: Wie bereits erwähnt, bereiten der DUW fünf mit PFAS kontaminierte Standorte aufgrund ihrer Auswirkungen auf das Grundwasser besondere Sorgen. Durch die ergriffenen Eindämmungsmassnahmen werden die Verschmutzungsquellen abgeschnitten. Dennoch wird der Grundwasserspiegel in den betroffenen Gebieten noch lange Zeit beeinträchtigt bleiben. Für den Rest der Rhoneebene ist die Situation entspannter, da bislang nur punktuelle Spuren von PFAS-Belastungen festgestellt wurden. Allerdings wurden noch nicht alle PFAS-belasteten Standorte erfasst und es werden derzeit Schritte unternommen, um sie zu identifizieren.
Was sind die einzelnen Punkte der PFAS-Strategie?
Y. D.: Die PFAS-Strategie der DUW basiert auf fünf Punkten, von denen nur der letzte noch Zeit benötigt, um vollständig umgesetzt zu werden:
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Welche Massnahmen wurden oder werden bereits implementiert? Was sind die grössten Schwierigkeiten, die dabei aufgetreten sind?
Y. D.: Wie bereits erwähnt, sind die kontaminierten Standorte, die die PFAS-Belastungsfahnen im Grundwasser verursachen, entweder Gegenstand laufender Sanierungsmaßnahmen oder eines hydraulischen Einschlusses bis zu ihrer Sanierung. Die grösste Herausforderung bei der Sanierung dieser Standorte ist das Ausmass der Verschmutzung des Untergrunds und der derzeit geringe Spielraum für die Festlegung wirksamer Sanierungsmassnahmen. Auf den ersten Blick sind nur der Aushub der Verschmutzungsherde und die Behandlung des ausgehobenen Materials wirklich wirksam. In bestimmten Situationen könnte eine aktive Auslaugung der Verschmutzung und die Rückgewinnung mobilisierter Schadstoffe in Frage kommen.
Noch nicht alle mit PFAS belasteten Standorte wurden identifiziert, insbesondere Orte ohne besondere Infrastruktur, die von der Feuerwehr für Schaumübungen genutzt werden. Eine Erfassung dieser Standorte ist im Kanton im Gange. Die Hauptschwierigkeit besteht darin, Zeitzeugen zu finden, die sich an die Übungen erinnern können. Auch verschmutzte Standorte kleineren Ausmasses wurden bereits identifiziert (Flugplatz, Unfallorte mit Schaumeinsatz, Kaserne, Schrotthändler, Lagerplätze). Das Ausmass der Verschmutzung und die potenziellen Umweltschäden werden für diese Standorte noch bewertet.
Welche Auswirkungen haben die identifizierten PFAS-Verschmutzungen auf die Nutzung des Grundwassers für die Trinkwassergewinnung, aber auch für die Bewässerung?
Y. D.: Die Folgen der Grundwasserverschmutzung durch PFAS im Wallis sind bei der Bewässerung von Feldern konkret, wenn die Wetterbedingungen zu trocken sind. Glücklicherweise sind die Folgen für die Trinkwasserversorgung weit weniger gravierend, da die betroffenen Gemeinden in den Bereichen der PFAS-Belastungsfahnen keine Wasserentnahmen mehr betreiben. Einige Wasserentnahmestellen in der Rhoneebene weisen Spuren von PFAS auf, die glücklicherweise deutlich unter der strengsten Konzentration liegen, die wir unter Berücksichtigung der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit für 2020 empfohlenen zulässigen Dosis definieren könnten. Dieser Ansatz ist mehr als 25mal strenger als die Höchstwerte, die in der Verordnung des EDI über Trinkwasser sowie Wasser in öffentlich zugänglichen Bädern und Duschanlagen (TBDV) festgelegt sind.
Das Walliser Grundwasser ist nicht das einzige, das mit PFAS kontaminiert ist. Auch im Oberflächenwasser und in Fischen wurden PFAS nachgewiesen. Wie ist die Situation im Wallis in dieser Hinsicht? Was sind die Ursachen und Folgen?
Y.D.: Lange Schadstofffahnen zeigen sich im Grundwasser unterhalb der vier Industriestandorte, an denen wiederholt und in erheblichen Mengen PFAS-haltige Löschschäume verwendet wurden. Die Einleitungen der ARA und der Sauberwassernetze enthalten Spuren von PFAS, die sich im Oberflächenwasser anreichern. Unterhalb der beiden Industriestandorte im Chablais - Chemiestandort Monthey und ehemalige Raffinerie Collombey-Muraz - entwässern die Kanäle den Grundwasserspiegel und sind daher von der starken PFAS-Verschmutzung betroffen. Zwei in den Schwemmlandablagerungen angelegte Teiche sind stark von der Verschmutzung des Grundwassers betroffen, aus dem sie gespeist werden. Sie befinden sich jeweils unterhalb eines mit PFAS kontaminierten Industriestandorts.
Die in diesen Gewässern und entlang der betroffenen Kanäle lebenden Fische akkumulieren PFAS in erheblichem Masse. Der Fischfang wurde verboten und die Nutzung des Grundwassers und der Kanäle zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen ist mehrere Kilometer unterhalb der beiden betroffenen Standorte nicht mehr möglich.
(© Fabienne Degoumois)
Nach ihrem Studium an der EPFL arbeitete die Umweltingenieurin Hélène Bourgeois rund 13 Jahre lang in einem Ingenieurbüro. Dort war sie für die komplette Umsetzung von Projekten im Bereich Trinkwasser zuständig. Seit Herbst 2020 ist Hélène Bourgeois wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Sektion «Oberflächengewässer und Abfälle» der Dienststelle für Umwelt (DUW) des Kantons Wallis.
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(© Sedrik Nemeth)
Yves Degoumois ist EPFL-Ingenieur und spezialisiert auf Umweltfragen. Nachdem er in den Bereichen Pedologie (Oberflächenzustand degradierter Böden), Umweltverträglichkeitsprüfungen und Regenwassermanagement gearbeitet hatte, spezialisierte er sich ab 1999 auf Untersuchungen und Sanierungen von belasteten Standorten, zunächst im privaten Bereich, später bei der Behörde. Zurzeit ist Yves Degoumois Chef der Sektion «Altlasten, Boden und Grundwasser» der Dienststelle für Umwelt (DUW) des Kantons Wallis.
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