Wenn in der Schweiz über Versorgungssicherheit gesprochen wird, klammert man das wichtigste Lebensmittel Wasser oft aus. Der Fokus liegt auf landwirtschaftlichen Produkten, aktuell etwa Zuckerrüben oder Rosenkohl. Es wird argumentiert, dass die Landesversorgung nur über den Einsatz von Pestiziden gewährleistet werden kann. Dabei wird zu wenig thematisiert, welche Schäden eine intensive Landwirtschaft am Wasser verursacht. Letztlich ist aber klar: Zu wenig oder verunreinigtes Wasser ist ein grösseres Problem in Bezug auf die Versorgungssicherheit als ein geringerer Ertrag an Zuckerrüben. In der öffentlichen Diskussion sollten die Prioritäten klarer thematisiert werden.
Die Schweiz und insbesondere das Mittelland ist dicht besiedelt. Das führt zu Nutzungs- und Interessenkonflikten. Wir schaffen immer mehr Siedlungsflächen und auch die landwirtschaftliche Nutzung ist gerade im Mittelland sehr intensiv, mit gravierenden Folgen für die Biodiversität und unsere Trinkwasserressourcen. Leider werden dabei die Bauern oft als Sündenböcke dargestellt. Das greift aber zu kurz, denn der wirtschaftliche Druck auf die Betriebe ist gross. Hier muss die Politik die richtigen Anreize schaffen und die Bauern aus dem Hamsterrad befreien. Die politischen Instrumente wären vorhanden, um den ökonomischen Druck zu reduzieren und gemeinsam Lösungen zu finden.
Ein typischer Nutzungskonflikt, der das Problem gut illustriert, liegt in den Gewässerabständen (bei Oberflächengewässern). Die Landwirte möchten ihre verfügbare Fläche maximal nutzen und dabei möglichst bis ans Gewässer bewirtschaften, mit negativen Folgen für den Gewässerschutz. Hier braucht es klare gesetzliche Rahmenbedingungen. Dasselbe gilt für den Schutz von Trinkwasserfassungen. Ich habe mich bereits als Grossrat mit einem Vorstoss für die Ausscheidung der Zuströmbereiche eingesetzt, damit ein klarer rechtlicher Rahmen geschaffen wird, mit dem allfällige Nutzungskonflikte angegangen werden können.
Wie immer liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Der Druck ist mit der Trinkwasser- und der Pestizidverbots-Initiative jetzt da. Das bringt auch Innovation. Zum Beispiel bei der Suche oder Züchtung von resistenten Sorten, für die weniger oder sogar keine Behandlung mit Pestiziden notwendig ist. Es braucht aber auch finanzielle Entschädigungen, um die Landwirte bei dieser Entwicklung zu unterstützen.
Die Probleme mit Nitraten und den Abbauprodukten von Pestiziden sind ja nicht neu und schon lange bekannt. Politisch ist in den letzten Jahren aber wenig passiert. Die beiden Initiativen haben zu einer medial breiten Diskussion geführt, was den Druck auf die Politik erhöht. Die planerischen Instrumente wie Schutzzonen und Zuströmbereiche existieren bereits und müssen nun gestärkt werden. Aber auch über finanzielle Anreize kann die Politik die Entwicklung steuern. Wir investieren in der Schweiz zu Recht viel in unsere Landwirtschaft. Mit den Direktzahlungen und dem Zollschutz verfügen wir entsprechend über starke Instrumente, um ein Anreizsystem zu schaffen, dass letztlich auch die Trinkwasserressourcen nachhaltig schützt.
Kurzportrait Kilian Baumann
Nach der Lehre zum Landwirt übernahm Kilian Baumann 2001 den elterlichen Betrieb in Suberg. 2014 wurde der Biobauer für die Grünen in den Grossen Rat des Kantons Bern gewählt, wo er ab 2017 der Bau-, Energie-, Verkehrs- und Raumplanungskommission angehörte. Bei den nationalen Parlamentswahlen 2019 wurde Baumann in den Nationalrat gewählt. Er ist dort Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Als Mitglied im Patronatskomitee von Aqua Viva setzt sich Baumann auch für einen griffigen Gewässerschutz ein.
«AQUA & GAS» gibt es auch als E-Paper. Abonnenten, SVGW- und/oder VSA-Mitglieder haben Zugang zu allen Ausgaben von A&G.
Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.
Kommentare (0)