Trotz bestehender Schutzgebiete, die übers ganze Land verteilt sind, wird es immer wichtiger, auch Naturflächen ausserhalb von Schutzgebieten zu erhalten oder aufzuwerten – und sie so miteinander zu vernetzen, dass der Austausch zwischen den einzelnen Beständen gesichert ist. Ein Forschungsteam um Giulia Donati, Postdoktorandin am Wasserforschungsinstitut Eawag, untersuchte, wie der Schutz solcher ökologischer Netzwerke mit der Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure wie Behörden, Naturschutzorganisationen und Landnutzern zusammenhängt. Für ihre Untersuchung konzentrierten sich die Forschenden auf Lebensräume an der Schnittstelle zwischen Wasser und Land, sogenannte «blau-grüne Systeme». Dazu zählen aquatische Ökosysteme wie Flüsse, See oder Tümpel (blau) und Landökosysteme wie Wälder, Wiesen, Parks oder Gärten (grün).
Donati und ihr Team analysierten solche Lebensräume in drei Gebieten. Als Beispiel einer Organismen-Gruppe wählten sie Amphibien. Sie modellierten und analysierten, wo und in welchen Landschaftselementen Amphibien leben können und wie gut diese Gebiete miteinander verknüpft sind. Diese ökologischen Netzwerkmodelle ergänzten sie mit einer Befragung von rund 180 in den Regionen tätigen Organisationen. Sie alle wurden gefragt, ob und wo sie in die Bewirtschaftung dieser blau-grünen Infrastruktur involviert waren und mit welchen anderen Organisationen sie dabei zusammenarbeiteten.
Laut Donati zeigte sich in der Analyse ein deutlicher Unterschied zwischen der gemeinsamen Bewirtschaftung von zusammenhängenden blau-grünen Gebieten im ländlichen und im städtischen Raum: Bei ländlichen, eher natürlichen Elementen herrschte eine relativ gute Abstimmung zwischen Naturschutzorganisationen, Behörden und Landnutzern. In urbanen Räumen hingegen fehlte es oft an klarer Zuständigkeit und Kooperation. Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz ist, dass für «blau-grüne» Naturschutzprojekte ausserhalb des Siedlungsgebietes viel langjährigere Erfahrungen vorhanden sind. Die betroffenen Akteure seien sich gewöhnt, zusammenzuarbeiten. Der Naturschutz in städtischen Räumen hingegen sei noch immer ein relativ junges Feld, ist Donati überzeugt.
Oft werde die ökologische Funktion von urbanen Naturelementen noch zu wenig berücksichtigt, so die Studie. Stadtparks und private Gärten werden vielfach bloss als Erholungsräume betrachtet und nicht gezielt in Naturschutzstrategien eingebunden. Dabei könnten sie durch eine naturnahere und strategischere Gestaltung wichtige Trittsteine für viele Arten, etwa Amphibien, werden.
Des Weiteren kommt laut den Autoren hinzu, dass es im Siedlungsraum besonders viele unterschiedliche Interessensgruppen gibt. In Städten sind unterschiedliche Akteure für einzelne Umweltaspekte zuständig, was zu einer Art Silo-Denken führen kann. Damit würden aquatische und terrestrische Systeme fragmentiert und eine wirksame Umweltpolitik erschwert, so Donati. Im schlimmsten Fall blieben so Massnahmen zum Schutz von Naturflächen unkoordiniert und wertvolle Flächen gingen verloren.
Aus dieser Erkenntnis sprechen sich die Forschenden für koordiniertere Ansätze im Naturschutz in Siedlungsgebieten aus. Zusammenarbeit ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Projekte überhaupt erfolgreich sein können», sagt Donati. Denn ohne offenen Dialog und Zusammenarbeit bleibt ein wirksamer Schutz der biologischen Vielfalt unerreichbar. Die Idee einer verbesserten Zusammenarbeit von Naturschutzorganisationen, Bauämtern, Verkehrsbehörden und der Zivilgesellschaft stiess bei den befragten Akteuren auch auf grosse Unterstützung. Abgesehen davon habe sich im Laufe der Studie herausgestellt, dass Hürden bezüglich Finanzierung, Ausbildung und Fachwissen bestehen. Gerade deshalb ist es laut Donati auch wichtig, Naturschutzwissen für alle Anspruchsgruppen zugänglich zu machen.
«AQUA & GAS» gibt es auch als E-Paper. Abonnenten, SVGW- und/oder VSA-Mitglieder haben Zugang zu allen Ausgaben von A&G.
Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.
Kommentare (0)