Trifluoressigsäure (TFA) ist ein hochmobiler und gleichzeitig persistenter Umweltschadstoff, der sich vor allem in Gewässern und Böden anreichert. TFA entsteht als Abbauprodukt von PFAS und zählt daher selbst zu den PFAS, den per- und polyfluorierten Alkylverbindungen. Diese werden in grösseren Mengen v.a. als PSM sowie als gasförmige Kälte- und Treibmittel eingesetzt. Auch aus Bioziden, Arzneimitteln sowie zahlreichen Industriechemikalien kann TFA freigesetzt werden. Die Auswirkungen dieser Substanz auf Organismen und Ökosysteme ist noch nicht vollständig verstanden, aber die Stabilität des Stoffes und seine wachsende Präsenz in der Umwelt geben Anlass zur Sorge. Zwar wird TFA in den derzeit in der Umwelt nachgewiesenen Konzentrationen nicht als direkt gesundheitsgefährdend eingestuft. Die Langzeitwirkungen sind aber noch unklar und es besteht das Risiko, dass eine langfristige Anreicherung von TFA insbesondere im Trinkwasser problematisch werden könnte. Gemäss BAFU belastet TFA das Grundwasser landesweit und nach aktuellem Kenntnisstand ist es die mit Abstand am weitesten verbreitete künstliche Chemikalie im Grundwasser. Vor diesem Hintergrund hat das BAFU im Rahmen einer Pilotstudio der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA über die letzten zwei Jahre das Vorkommen von TFA im Grundwasser analysiert und die Resultate jüngst auf seiner Website publiziert.
Wie das BAFU schreibt, tritt TFA flächendeckend im Grundwasser auf. Die Konzentrationen liegen etwa 100 bis 1’000fach höher als die Konzentrationen der übrigen PFAS, die bisher im Grundwasser nachgewiesen wurden. Die Konzentrationen würden sich je nach Standort deutlich unterscheiden: Auf über 1'000 m in den Alpen, Voralpen und auf der Alpensüdseite seien die Werte am tiefsten und blieben durchwegs unter 0,6 µg/l. In Regionen mit viel Ackerland seien sie dagegen überdurchschnittlich hoch: An gut 60% der NAQUA-Messstellen, deren Einzugsgebiet massgeblich durch Ackerbau geprägt ist, liegen die Werte gemäss der Studie zwischen 1 und 5 µg/l. Einzelne aussergewöhnlich hohe Spitzenwerte von über 10 µg/l seien an zwei nahe beieinander liegenden Messstellen registriert worden, die in der Nähe eines Fliessgewässers liegen, das auch gereinigtes industrielles Abwasser enthält. Das BAFU hält aber fest, dass für die grossflächig deutlich erhöhten Konzentrationen in Regionen mit viel Ackerland der Einsatz von PSM verantwortlich sei. Aktuell seien insgesamt 28 PSM-Wirkstoffe zugelassen, die sich potentiell zu TFA abbauen. Allein im Jahr 2022 wurden insgesamt mehr als 40 Tonnen dieser PSM-Wirkstoffe eingesetzt, wie das BAFU weiter schreibt.
Das Gewässerschutzgesetzt (GSChG) legt in Art. 9 Absatz 3 fest, dass der Bundesrat die Zulassung für Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte (Pestizide) überprüfen muss, wenn in Gewässern, die der Trinkwassernutzung dienen oder dafür vorgesehen sind, der Grenzwert von 0,1 µg/l für Pestizide oder für deren Abbauprodukte wiederholt und verbreitet überschritten wird. Kann über Anwendungsauflagen die Einhaltung des Grenzwertes nicht sichergestellt werden, muss den entsprechenden Pestiziden die Zulassung oder im Fall von PSM dem Wirkstoff die Genehmigung entzogen werden. Der SVGW fordert daher eine Überprüfung der Zulassung der im Bericht des BAFU erwähnten 28 PSM und entsprechende Anwendungsbeschränkungen oder wenn nötig der Entzug der Zulassung, so wie es das GSchG vorsieht, da TFA wiederholt und verbreitet den Grenzwert im Schweizer Grundwasser überschreitet. Im Zuströmbereich von Trinkwasserfassungen muss ein sofortiges Verbot umgesetzt werden, da dort gemäss Art. 27 GSchG keine Stoffe eingesetzt werden dürfen, die in der Fassung zu Konzentrationen über 0,1 µg/l führen.
Vor dem Hintergrund, dass wiederholt PSM zu Grenzwertüberschreitungen im Grundwasser führen, ist es unverständlich, dass die Zulassung von PSM nun auch noch vereinfacht werden soll. So sieht die Totalrevision der Chemikalienverordnung neu vor, dass für PSM, die in der EU zugelassen wurden, eine vereinfachte Zulassung in der Schweiz möglich sein soll. Dem Parlament geht der Vorschlag des Bundesrates zu wenig weit und es will über eine parlamentarische Initiative die Zulassung noch weiter vereinfachen. Nach dem Willen des Parlaments hätte der Bund keine Möglichkeiten mehr, die Auswirkungen der PSM auf die Umwelt zu prüfen und allfällige Anwendungsbeschränkungen zu erlassen. Der SVGW hat zu beiden Geschäften eine Stellungnahme eingereicht. Während der Verband die automatische Übernahme von Zulassungsentscheiden für Wirkstoffe unterstützt, was bereits heute der Praxis entspricht, dürfen PSM nicht ohne eine eingehende Prüfung der Umweltauswirkungen in der Schweiz zugelassen werden, da dies die Risiken bei deren Einsatz massiv erhöht und irreparable Schäden an unseren Trinkwasserressourcen drohen, die den Auftrag der Wasserversorger gefährden, der Bevölkerung qualitativ einwandfreies Trinkwasser in ausreichender Menge bereitzustellen.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des BAFU unter:
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