Eine relevante Gruppe von Schadstoffen sind krankheitserregende Mikroorganismen wie humanpathogene Viren und Bakterien, welche im Abwasser vorkommen und von Kläranlagen nicht vollständig entfernt werden können. Untersuchungen am Rhein haben nun gezeigt, dass der Transport von Bakterien in der Uferfiltration saisonalen Schwankungen unterliegt. Besonders Hochwässer stellen ein Risiko dar, denn sie haben zu Folge, dass sich die Reinigungsleistung durch Uferfiltration verringert und sich die Konzentrationen von Bakterien im Grundwasser erhöht. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass die Veränderung der Flussbettsedimente im Verlauf eines Jahres Einfluss auf die Reinigungsleistung der Uferfiltration haben und gegebenenfalls bei Risikobewertungen mitberücksichtigt werden müssen.
Ein Projekt, geleitet von Prof. Dr. Irina Engelhardt, die an der TU Berlin das Fachgebiet Hydrogeologie lehrt, zielt darauf ab, die Uferfiltration umfassender zu verstehen und den Transport von Mikroorganismen bei der Uferfiltration besser zu modellieren. Für Wasserwerksbetreiber sollen modellgestützte Werkzeuge entwickelt werden, die es ihnen ermöglichen, die Reinigungswirkung ihrer Uferfiltrationsanlagen bezüglich der Mikroorganismen exakter abschätzen zu können. Zu den Kooperationspartnern gehören Prof. Dr. Alberto Guadagnini und Prof. Dr. Monica Riva vom Dipartimento di Ingegneria Civile e Ambientale der Politecnico di Milano.
Erste Ergebnisse der Kooperation veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kürzlich gemeinsam in dem Artikel „Uncertainty analysis and identification of key parameters controlling bacteria transport within a riverbank filtration scenario“ in der internationalen Fachzeitschrift Water Resources Research
Mehr als 100 Uferfiltrationsanlagen existieren in Europa, vor allem in Nord- und Mitteleuropa, besonders in Deutschland, der Niederlande, Frankreich und Finnland. In Deutschland ist die Trinkwassergewinnung durch Uferfiltration regional bedeutend. Beispielsweise wird ungefähr die Hälfte des Berliner Trinkwassers damit gewonnen. Im Mittelmeerraum dagegen ist sie bisher weniger verbreitet. In Italien befindet sich ein Beispiel in Lucca (Toskana). Jedoch steigt aufgrund des Klimawandels der Druck auf die Wasserressourcen im Mittelmeerraum. Uferfiltration, als ressourcenschonende Methode zur Trinkwassergewinnung, könnte ein Mittel sein die steigende Wasserknappheit in der Region zu bekämpfen.
Bei der Trinkwassergewinnung durch Uferfiltration werden Grundwasserentnahmebrunnen neben Flüssen oder Seen platziert. Diese Brunnen fördern vor allem sogenanntes Uferfiltrat, also Wasser, welches aus dem Oberflächengewässer dem Brunnen zuströmt und dabei durch die Untergrundpassage auf natürliche Weise gereinigt wird. Beim Transport durch den Untergrund unterlaufen die Mikroorganismen ein komplexes System von Prozessen. Einfach ausgedrückt, beim Transport im Grundwasser sinkt die Konzentration humanpathogener Mikroorganismen, da sie zum Teil am Boden zurückgehalten werden, und mit steigender Verweildauer im Grundwasser absterben bzw. nicht mehr infektiös sind. Die kritische Frage für Wasserwerksbetreiber ist: Wie stark ist die Reinigungswirkung der Uferfiltration, d.h. wie stark sinkt die Konzentration der Mikroorganismen? Die Forschung hat gezeigt, dass diese Prozesse von vielen Faktoren beeinflusst werden, beispielsweise von der Grundwasserfließgeschwindigkeit, Temperatur und der mineralogischen Zusammensetzung des Bodens. Ebenso können sich verschiedene Spezies der Mikroorganismen in ihrem Transportverhalten unterscheiden. Dadurch sind Vorhersagen zum Transport von Mikroorganismen im Grundwasser und dadurch der Reinigungswirkung der Uferfiltration mit einem hohen Grad an Unsicherheit versehen.
Das Forschungsvorhaben wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt finanziert. Neben der TU Berlin und der Politecnico di Milano sind die Universität Wien sowie die Stadtwerke Düsseldorf und die Firma VisDat aus Dresden beteiligt.
Quelle: Technische Universität Berlin
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