Grundwasser ist ein wichtiger einheimischer Rohstoff. 80 Prozent des Trinkwassers werden in der Schweiz aus Grundwasser gewonnen. Der Zustand und die Entwicklung werden im Rahmen der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA in Zusammenarbeit von Bund und Kantonen an rund 600 Messstellen landesweit erhoben. Am 15. August hat das BAFU die Ergebnisse der Messungen und Analysen der Jahre 2007 bis 2016 veröffentlicht.
Der vorliegende Bericht zeigt, dass vor allem Nitrat und Rückstände von Pflanzenschutzmitteln die Grundwasserqualität beeinträchtigen. Hauptquelle für die grossflächige Belastung des Grundwassers mit diesen Stoffen ist die intensive Landwirtschaft. Entlang der Fliessgewässer treten auch Mikroverunreinigungen im Grundwasser auf, die aus Industrie, Gewerbe und Haushalten stammen. Da sich das Grundwasser nur langsam erneuert, sind vorausschauende Massnahmen zum Schutz und Erhalt der Grundwasserressourcen wichtig. Noch heute finden sich beispielsweise im Grundwasser Rückstände von Atrazin, einem Herbizid, welches in der Schweiz schon seit über 10 Jahren verboten ist.
Die grösste Belastung des Grundwassers verursacht das Nitrat. Natürlicherweise wäre die Nitratkonzentration im Grundwasser im Bereich weniger Milligramm pro Liter (mg/l). Im Mittelland weisen jedoch 80 Prozent der Messstellen eineKonzentration von mehr als 10 mg/l auf. An rund 15 Prozent aller Messstellen wurden 2014 Konzentrationen von mehr als 25 mg/l nachgewiesen. 25 mg/l sind in der Gewässerschutzverordnung (GSchV) als Grenzwert (so genannte numerische Anforderung) festgelegt. In Gebieten mit viel Ackerbau wurde dieser Wert an 40 Prozent der Messstellen überschritten. An 2 Prozent der Messstellen wurde auch der Höchstwert der Lebensmittelgesetzgebung für Trinkwasser von 40 mg/l nicht eingehalten. Die Nitrat-Konzentrationen sind ein wichtiger Indikator für die Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Grundwasser. Hauptquellen für die hohen Nitratwerte sind Hof- oder Mineraldünger.
An mehr als der Hälfte aller Messstellen treten Rückstände von Pflanzenschutzmitteln (PSM) im Grundwasser auf. Grossflächig werden Pflanzenschutzmittel vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt. PSM-Wirkstoffe überschritten 2014 den Grenzwert von 0.1 Mikrogramm (μg/l) an 2 Prozent der Messstellen. Zudem wurden deren Abbauprodukte, sogenannte PSM-Metaboliten, verbreitet in erhöhten Konzentrationen nachgewiesen, vor allem im Mittelland. An rund 20 Prozent der Messstellen lagen die Konzentrationen von PSM-Metaboliten über 0.1 μg/l; für gewisse Metaboliten gilt dies ebenfalls als Grenzwert.
Überschreitungen der Grenzwerte nach GSchV werden auch für flüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (FHKW) festgestellt. FHKW überschritten den Grenzwert 2014 an 4 Prozent der Messstellen. Sie stammen aus Altlasten, wie zum Beispiel ehemaligen Industriestandorten oder Deponien. Zudem treten Mikroverunreinigungen im Grundwasser auf, welche aus dem Abwasser stammen und meist über Fliessgewässer und teilweise über defekte Kanalisationen ins Grundwasser gelangen. Im Vergleich zu PSM-Rückständen wurden diese Stoffe jedoch insgesamt weniger häufig im Grundwasser nachgewiesen. Künstliche, langlebige Stoffe sollen im Grundwasser gemäss GSchV grundsätzlich nicht vorkommen.
Theoretisch könnten jährlich 18 Milliarden m³ Grundwasser – das ist mehr als das 10-fache des Bedarfs der Schweiz – auf nachhaltige Weise, d.h. ohne eine dauerhafte Absenkung des Grundwasserspiegels oder andere negative Auswirkungen auf die Umwelt, für die Wasserversorgung genutzt werden. Konflikte mit anderen Nutzungen, wie etwa gewerblich-industrielle oder landwirtschaftliche Aktivitäten oder Siedlungsentwicklung, verhindern jedoch vielerorts, dass dieses Potenzial ausgeschöpft werden kann.
Bezogen auf das gesamte Grundwasservolumen in der Schweiz sind die saisonalen Änderungen der Grundwasserstände in der Regel klein. Generell kann in mengenmässiger Hinsicht, zumindest in der mehrjährigen Bilanz, von einem weitgehend stabilen Zustand der Ressource Grundwasser gesprochen werden, da sich die Grundwasservorkommen regelmässig und vollständig wieder auffüllen. Dies dürfte auch im Zuge der Klimaänderung so bleiben, selbst wenn es während Trockenperioden lokal zu vorübergehender Wasserknappheit kommen kann, wie dies bereits heute der Fall ist.
Das Grundwasser muss konsequenter geschützt werden, damit der Druck auf unsere wichtigste Trinkwasserressource nicht weiter zunimmt und die Verunreinigungen abnehmen. Konkret müssen Stoffeinträge aus der Landwirtschaft (v.a. Nitrat und PSM-Rückstände) aber auch der Siedlungsentwässerung (Mikroverunreinigungen) und Altlasten (v.a. Kohlenwasserstoffe) zwingend sinken, zumal sich die Effekte der Massnahmen erst mit grosser Zeitverzögerung zeigen. Als Hauptverursacher der Nitrat- und PSM-Belastung ist dabei vor allem die Landwirtschaft gefordert, mit geeigneten Massnahmen das Grundwasser zu entlasten.
Zur Verminderung der Stoffe aus den Siedlungen und den Altlasten gilt es, den angelaufenen Ausbau ausgewählter Abwasserreinigungsanlagen zur Beseitigung von Spurenstoffen weiterzuführen und die Altlasten-Sanierungen abzuschliessen.
Wird Grundwasser als Trinkwasser genutzt, so muss es die Grenzwerte der Lebensmittelgesetzgebung (TBDV) einhalten. Die Qualität des Trinkwassers wird durch die einzelnen Wasserversorger sichergestellt und von den kantonalen Lebensmittelämtern überwacht.
Nur wenige der untersuchten Grundwassermessstellen lagen für den Zeitraum 2007 bis 2014 über den Höchstwerten der TBDV, die meist weniger streng angesetzt sind als die numerischen Anforderungen der GSchV. Die Auswertung der durch NAQUA untersuchten Messstellen und Stoffe liesse den Schluss zu, dass die Qualität des Grundwassers für die Trinkwassernutzung an den meisten Orten ausreichend ist, sodass Grundwasser ohne aufwendige Aufbereitung abgegeben werden kann.
Diese Bilanz wird allerdings durch neue Erkenntnisse getrübt: Abbauprodukte des Fungizids Chlorthalonil (auch Chlorothalonil genannt) werden seit kurzem im Grundwasser nachgewiesen.
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